Was gibt's sonst so in unserer "Finca-Fundgrube"?

Es gibt immer etwas Rumzubasteln. 

Sei es ein neues Brotrezept auszuprobieren, oder das Gemüse/Kräuterbeet zu revidieren.
Aber dazu kommen wir dann jeweils gesondert. Kommt schon noch!!

Ein paar Themen, die mir hier einfallen: 

Honig

 Feuer: Noche de SanJuan

Brotbacken

Heute, am 23.1.2021, füttern wir übrigens die Bienen mit Zuckerlösung, damit das Bienenvolk für die anstehende Blühsaison sich jetzt kräftig entwickelt


Die Trump Locke

Da mir der Text über die Anfänge  unseres Teneriffa Abenteuers doch zu langatmig erschien, habe ich die Episode mit dem Herrn Dekan, der in die Weinprobe hineingeplatzt war, herausgenommen.
Wen es interessiert, wie´s weiterging, kann hier weiterlesen.

Ich gehe also, nachdem die Aufräumungsangelegenheiten im Hörsaal delegiert waren, runter ins Erdgeschoß und klopfe an seine Bürotüre. 

Herein, tönt´s irgendwie unleidig. 

Er sitzt hinter einem Wall aufgestapelter oder besser, angehäufter Veröffentlichungen. 

Ah, Herr Dittrich, begrüßt er mich. Sie sind doch der Studiendekan, nicht wahr. Möglicherweise kommt auf sie ein kleines Problem zu

Ich höre, antworte ich

Ja wissen sie, eine von meinen Doktorandinnen macht Schwierigkeiten. Sie ist zwar schon 3 Jahre hier, aber als ich ihr eröffnete, dass sie schon noch ein Jahr wird dranhängen müssen, ist sie ganz ungehalten, ja fast frech geworden und meinte sie wäre eigentlich fertig mit dem Projekt und wollte ans Zusammenschreiben gehen. Unter uns !?!?
Ich brauch sie aber noch für meinen Assistenten, Dr. Bremer, mit dem sie gearbeitet hat und der sich doch so schnell wie möglich habilitieren muss. Er ist für die bald freiwerdende C4 Stelle in Mainz vorgesehen. Das haben wir so besprochen

Das nenne ich aber mal Fürsorge, meine ich. 
Sowas würde die Frau Neuhann aber auch schätzen.

 

Nein nein, das geht nicht,  gar nicht, wir brauchen sie unbedingt, sonst geht uns die C4 Stelle flöten. 

Hat sie Frau Neuhann evtl. schon kontaktiert? Frägt er mich.

 

Ich lüge ihn forsch an, obwohl sdie Doktorandin schon bei mir war und sich ausgeweint hat: 

Nein, da ist mir nichts bekannt. Aber was anderes kursiert in ihrem Arbeitskreis. Sie hätten bei einem Morgenseminar, als sie nicht gekommen ist, gemeint:
Kommt die blöde Kuh wieder mal nicht aus den Federn
Das macht sich aber überhaupt nicht gut. Nein.
Ja, aber haben sie denn nicht wegen des Problems der Verlängerung eine Aussprache mit ihr gehabt? 

 

Doch, doch, haben wir, eine halbe Stunde lang, bei meinem engen Terminkalender

Und, war dabei noch jemand, z.B. Dr. Bremer, anwesend, frage ich ? 

 

Nein, nein, ich wollte auch keinen dabei haben

Au weih, entfährt es mir, da könnten wir ein kleines Problem haben. Sie sind doch gut vernetzt in der Uni-Administration und im Präsidium, Herr Dekan. 
Kürzlich gingen doch einige Fälle von Sexueller Belästigung durch Professoren durch die Presse und ein Amtsinhaber wurde sogar vorzeitig pensioniert. 
Herrmansdörfer schaute etwas irritiert, sagte aber nichts. 

Dann entfuhr es ihm: 

Ich kenn die Fälle, 

al- les -  ge- lo -gen, eine Schweinerei, ein Komplott, alles aufgebauscht. 

Sie wollen aber doch nicht ?…. 

 

Er vollendete den Satz nicht. 

Frau Neuhann ist eine attraktive Person und dazu klever, sagte ich– zumindest erscheint sie mir so. 
Wissen sie Herr Dekan, was passieren könnte? Sie könnte sich an die Frauenbeauftragte wenden, die mit Begeisterung einen weiteren Fall von Sexueller Belästigung verfolgen würde, schließlich lebt diese Position von sowas. 

Ach, hören sie mir auf, winkt er ab

Aber bedenken sie  : von dem Dreck, der auch ungerechtfertig  an einen geschmissen wird, bleibt immer, immer was hängen. Und von den hämischen Kommentaren ganz zu schweigen, die lechzen ja gerade danach. 
Wissen sie was, lassen sie Frau Neuhann ihre Arbeit zusammenschreiben. Der Bremer soll eben, wenn er wirklich die Stelle haben will, ordentlich Gas geben. Schauen Sie doch, ob Sie nicht eine elegantere, schlauere Lösung finden. Dann haben auch sie eine kleine Genugtuung. Und sie können sich unbeschwert ihrem Japan Projekt – oder war es Russland ?, widmen. Das ist doch ein Vorschlag, meinen sie nicht auch, Herr Dekan. 

 

Sie sind mir ja ein ganz schlimmer Finger, Herr Dittrich. Sowas hab ich  schon vermutet, wie damals mit der Sache mit der Berufungskommission David. Wo wir doch schon alles vorab geklärt hatten.

Äh, was haben sie denn in der Vorlesung veranstaltet? Flaschen, Gläser auf dem Tisch. Ist doch ungewöhnlich

Blitzartig war er von unserem Thema abgewichen. 

Wir haben die Rebsorten besprochen, welcher Wein draus hergestellt wird und mussten zwangsweise auch Kostproben nehmen

Interessant, ja. Meine Eldern hadden in Franggen, wo ich herkomm, an klaan Wainberch. Aber ich konnt´ mich nie drum kümmern

Er verfiel wieder in seinen heimatlichen Dialekt und war offenbar mit sich ins Reine gekommen.

 

Aber sie werden doch bald pensioniert, Herr Dittrich. Und von der Nutzpflanzenbotanik und der Ökologie – Ökowein vielleicht – verstehen sie doch was. Wär das kein Austragsprojekt? 

Ich bedankte mich – wofür auch immer – und war draußen bei der Tür. 

Von Frau Neuhann habe ich nichts mehr gehört, außer dass sie überraschend schnell mit ihrer Dissertation fertig geworden ist. 


La Noche de San Juan

Die Nacht zum 24. Juni ist ein ganz wichtiges Datum. Es ist die Johannisnacht, wo die Sonnwendfeuer lodern.
Auf einer Finca fällt im Laufe des Jahres sehr viel Pflanzenabfall an. Beispielsweise der ganze Rebschnitt, die abgeschnittenen Blätter der Palmen, Äste, Unkraut etc.  Einen großen Teil davon häckseln wir und bereiten Kompost daraus. Aber der Anfall ist insgesamt zu groß und außerdem lassen sich die Blätter der Palmen, die Bananenblätter  und auch Zuckerrohrabfälle so gut wie nicht mit den herkömmlichen Häckslern zerkleinern. Dieses Material enthält zu viele Fasern, die sich um die Messer schlingen und die Maschine abwürgen. 
Ein Ausweg ist natürlich einen Container für Bioabfall zu bestellen. Das geht aber nur dann, wenn viel Material in einem kleinen Zeitraum anfällt: z.B. beim jährlichen Palmschnitt.  Die Standzeit eines Containers beträgt aber nur eine Woche und deshalb lagern wir das viele Kleinzeug, das laufend anfällt , auf einem abschüssigen, wenig nutzbaren  brach liegenden Feld für das jährliche Johannisfeuer.

Über zwei- drei Jahre hatten wir die Abfälle immer gleich nach dem Trocknen verbrannt. Aber nach einigem Ärger mit den Nachbarn, die gleichwohl selber Äste und Gestrüpp verbrennen, hatten wir beschlossen, das Material gleich richtig aufzuschlichten und wie auf der ganzen Insel üblich, in der Johannisnacht zu verbrennen. 
Bereits um 7 Uhr qualmt es auf der ganzen Insel und die Feuer lodern mit der Feuerwehr in "Hab Acht" Stellung. Sehr selten kommt es vor, dass ausgerechnet an diesem Termin Calima herrscht. Dann wird auch eine Zigarettenkippe argwöhnisch beäugt, denn dann ist die Gefahr von sich im heißen Wind verselbständigenden Feuern zu groß. Das respektieren die Einheimischen ohne Wenn und Aber. Ein schlimmes Beispiel war ja auch kürzlich im Februar 2020 die Feuerwalze , die der Calima durch St. Ursula hinunter zum Atlantik trieb.
Wir zünden unser Feuer auch rechtzeitig an, um die Kontrolle des geordneten Abbrennens zu behalten. Und es sollen auch keine Glutnester übrigbleiben, die ein plötzlicher Wind verwirbeln könnte. Deshalb liegt auch ein dicker Wasserschlauch bereit, der allerdings zunächst dazu dient, die umgebende Vegetation, also das an der oberen Kante des Felds befindliche Weinspalier, die große Kanarische Palme  und weiter unten liegende Avocadobäume zu kühlen. Man glaubt es kaum: auch wenn einem die Flammen nicht direkt entgegenschlagen, ist die Hitzeabstrahlung so stark, dass man respektvoll Abstand vom Brandherd halten muss. Erst dadurch ist mir klar geworden, weshalb die großen Waldbrände in Kalifornien oder Australien so gefährlich sind. Es ist die immense Strahlungswolke, die alles verbrennt.

Man glaubt´s kaum. Aber bei einer  der Verbrennaktionen hat auch die Kanarenpalme, zumindest die weit überhängenden Blätter, haben Feuer gefangen. Na ja, man hätte sie sowieso wieder zurechtschneiden müssen. Lichtet man nämlich die Blätter nicht regelmäßig aus und schneidet sie zurück, dann wächst die Palme vorzugsweise in die Breite und weniger  in die Höhe.

Ohne tüchtige Helfer lässt sich so ein "Feuerwerk" kaum organisieren; der Kühlwasserschlauch muss geführt werden und unverbranntes Material  von der kühlen Seite her in´s Feuer geschoben werden. Am Schluss der Aktion hat man wieder Platz für  den Pflanzenabfall eines ganzen Jahres geschaffen. Die Kleidung  ist aber  verraucht und man selber benötigt auch ein ordentliches Vollbad, um den Köhler-Look wieder loszuwerden.
Trotz aller Sorgfalt und reichlich Kühlwasser wurden die Avocadobäume -links hinten im Bild  -doch von der Hitzestrahlung teilweise verbrannt.

Wir müssen noch einmal auf das Kapitel 'Bienen und Honig' zurückkommen. 

Dort wollte ich die Idylle mit: 

"... zum Frühstück eigener Kaffee, eigenes Brot, selbstgemachte Marmelade und eigener Honig und Früchte sowieso..."

nicht durch wissenschaftliche Anmerkungen trüben. 

Honig

Honig war ja bis zur Rohrzuckerproduktion aus Zuckerrohr das einzige Süßungsmittel. Deshalb war und ist auch heute noch die Imkerei ein gut etablierter Erwerbszweig, wenngleich sich Honig mittlerweile in die Reihe der Brotaufstriche eingegliedert hat. 

Aber Honig ist doch soooo gesund, ein Naturprodukt von Blüten und Bienen, mit Enzymen und Mineralstoffen. Im gleichen Atemzug wird aber der Zucker verteufelt, ob im Müsli, in Schokoriegel, in Getränken : verantwortlich für Diabetes, Fettsucht und Schlimmeres. Und nun? 

Im linken Bild werden gerade Waben mit einer flachen Gabel entdeckelt - soweit sie nicht sowieso noch offen sind.


 Was ist denn eigentlich so gesund am Honig?


Eigentlich gar nichts.
 
Honig besteht zu ca. 80 % aus einer Mischung von Glucose und Fructose, also den Spaltprodukten von Saccharose, unserem Haushaltszucker. Der Rest ist Wasser und winzigste Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen. 
Anders ausgedrückt: Honig ist reiner Zucker. 
Die beschworenen Mineral- und Vitaminstoffe sind nicht der Rede wert. Um 2 tausendstel Gramm Vitamin C aufzunehmen, müsste man 100 g Honig zu sich nehmen und sich den Magen verderben. 
Bei B-Vitamin bekäme man nur ein millionstel Gramm. 
Bei den Mineralstoffen ist es nicht viel besser. Was der Honig an Kalium, Kalzium und Spurenelementen enthält ist zumeist als Staub in der Luft herumgeflogen und dann am Nektar kleben geblieben, den die Bienen eingesammelt haben. Beim Waldhonig ist dieser Faktor sogar Farb- und Geschmackbestimmend.

Wer sich mehr für interessiert kann ja bei Wikipedia nachlesen. 

 

Auch Enzyme lassen sich im Honig nachweisen. 
Klar, die Enzyme in der Bienenspucke spalten die Saccharose, die im Nektar enthalten ist, in Glucose und Fructose. Aber wozu würden wir solche und andere Enzyme benötigen, die im Magen von der Salzsäure gleich wieder zerstört werden? 
Von anonymen Vitalstoffen ganz zu schweigen. 
Da kann man gleich Globuli nehmen -schmecken auch süß. 


Hier wird ein Rähmchen mit entdeckelten Waben in die Zentrifuge eingesetzt:


Honig schmeckt natürlich auch sehr gut, lecker, wie das den verschiedenen „Süßstoffen“ so eigen ist. Zucker ist halt mal ein Lock- Genuss-  und Suchtstoff, ob nun Saccharose oder seine Spaltprodukte. 

Fazit: Honig ist so gesund wie CocaCola. 

Aber nichts der Oma sagen, sonst werden Träume zerstört!

Im Bild darunter wird der geschleuderte Honig aus dem Zentrifugeneimer durch ein Sieb, zum Entfernen von Wachsresten, in den farblich passenden Honigkübel umgefüllt.

Eine interessante Honigsorte ist der Waldhonig. 

Hier sammeln die Bienen keinen Nektar aus Blüten, sondern lecken die Zuckerausscheidungen von Blattläusen von Blättern ab. Die Blattläuse zapfen den Saftstrom in den Blättern an, und da dieser viel zu viel Zucker enthält – was ja bekanntlich schädlich ist, scheiden sie den Zucker in Tröpfchen über Hinterleibsdrüsen wieder aus, von wo er auf tiefer liegende Blätter tropft. 

Andere Nährstoffe, w.z.B. Eiweiß, halten sie zurück für die eigene Ernährung. Der ausgeschiedene Zuckersaft verteilt sich natürlich über das Laub. In diesem zuckrig-pappigen Belag bleibt auch der Staub der Umgebungsluft kleben und prägt die Farbe des Waldhonigs. Quasi Waldgold.
Lecker und noch gesünder ! 

Eine Besonderheit ist der Waldhonig aus Nadelwäldern. Hier saugen die Blattläuse ebenfalls den Zuckersaft aus den – Nadeln - , wandeln diesen aber zwecks Wassersparens in den Dreifachzucker Melezitose um und scheiden diesen aus. Saccharose hingegen ist ein Zweifachzucker. 

 

Honig mit einem hohen Anteil von Melezitose, wird auch als Zementhonig bezeichnet. Er kristallisiert sehr schnell, verschließt die Waben fest und kann auch ernährungstechnisch von den Bienen nicht mehr genutzt werden. Natürlich lässt sich dieser Honig auch nicht aus den Waben schleudern. Ein Verlust für den Imker – wenn er nicht rechtzeitig seine Waben kontrolliert und Maßnahmen ergreift.  Das wäre z.B. rechtzeitig Waben mit Melezitose entnehmen, den Honig ausschmelzen und ihn mit Blütenhonig vermischen. 
Frischer Blütenhonig enthält ca. 20% Wasser und ist sehr flüssig, also streichunfreundlich. Erst durch Lagerung in der Wabe und das Ventilieren der Bienen verliert er überschüssiges Wasser: Dann ist er auch „streichfreundlich“. Durch den Zusatz von Melezitosehonig kann somit frischer, wässriger Honig verbrauchsfreundlich verfestigt werden. Im Metzgergewerbe wird der Wurst ja auch Phosphat zugesetzt. Dadurch kann der Wassergehalt der Wurst stabilisiert werden. 
Wasser wird also schnittfest.
 

Der Melezitosehonig schmeckt zwar auch sehr süß, ist aber für den Menschen eher ein Ballaststoff, da das Spaltprodukt Turanose nicht verdaut werden kann. Man könnte sie/ihn also als Diätzucker bezeichnen. 

Wieso aber dieser komplizierte Prozess der Blattläuse? Nadelbäume stehen meist auf trockeneren Böden. Deshalb haben sie anstelle von Blättern auch an Trockenheit angepasste, sogenannte xeromorphe Nadeln und führen weniger Wasser im Saftstrom. 
Durch die Umwandlung in einen Dreifachzucker, Trisaccharid, können die Blattläuse mit der gleichen Menge Wasser 50% mehr Zucker ausscheiden, als dies mit Saccharose allein möglich wäre. 

Das nennt man Ökologie. 


Salz und Brot macht Wangen rot

Bericht vom unermüdlichen Streben eines verhinderten Bäckerlehrlings, der sich nicht damit abfinden will dem Brotteig  die von der Industrie angebotenen Enzyme, Aktivatoren und Emulgatoren zuzusetzen.  
Das Kapitel Salz haben wir ja schon  unter Teneriffa Leben abgehandelt.

 

Zu einem rustikalen Anwesen auf dem Lande gehört unbedingt auch ein Brotbackofen, holzbefeuert natürlich. Und Pizzamachen kann man auch damit.

Mit dem Brotbacken haben es die Canarios aber nicht so sehr. 
Selber angebautes Getreide setzen sie zu Gofio um, d.h. die Körner werden geröstet und dann zu mehr oder weniger fein oder grobem Mehl vermahlen. Dieses Pulver wird dann in die verschiedensten Flüssigkeiten eingerührt – morgens in Milch, mittags in Suppe – und dann als Brei gegessen. Ansonsten sind die Weißbrot-Baguettes aus den Bäckereien der Brot Standard. Aber selbermachen ? Neinneinnein !
 

Gesehen hatten wir bislang nirgendwo einen Brotbackofen. Auch nicht in dem großen Baumarkt LeRoyMerlin, dem Platzhirsch, der schon ein ordentlich-breites Sortiment führt. Aber man muss nachfragen, denn Ladenhüter stehen nicht an der Front rum. 

Klar haben wir einen Backofen, hieß es, aber er steht im Lager der Baumaterialien und ist noch verpackt.
Dort sahen wir einige in Folie verpackte Blockelemente im Regal in 4 m Höhe. Das ist er wohl!
Nein, Auspacken zur Ansicht geht nicht. Er müsste auch noch aufgebaut und zusammengesetzt werden. Da braucht man schon einen Maurer dazu und ein paar Hilfskräfte. Wir haben ja auch nur diesen einen Ofen und andere Typen gibt es nicht. Aber liefern tun wir ihn schon. 

Zwei Tage später lagen die Blockelemente nebst Säcken mit Isoliergranulat auf unserer Terrasse. Der Fahrer des Kranwagens drückte mir noch einen Zettel mit einer Telefonnummer in die Hand. Rufen sie José an. Er könnte ihnen sicherlich den Ofen aufbauen. 

José konnte das, aber um den großen Kamin auf die Brennkammer zu setzen, musste er noch drei seiner Freunde zu Hilfe rufen. Schleierhaft ist es uns immer noch, weshalb man so ein Monster von Kamin benötigt. Der Verdacht liegt nahe, dass er wohl mehr ein dekoratives Element sein soll, um den unverschämten Preis zu rechtfertigen. 

 

Sei´s drum. So ein Ofen musste her; da wird Weihnachten eben vorgezogen. 

Natürlich hätten wir, wie es etliche unserer Freunde gemacht haben, uns auch einen Brotbackautomaten zulegen können. Mit Lidl kam nicht nur Schwarzwälder Schinken und Dresdner Stollen auf die Insel, sondern auch der Brotbackautomat und ein Sortiment von Fertigbrotbackmischungen. 

Das Motto: 
Pulver in die Maschine, Wasser drauf, einschalten, fertig. Natürlich kann man ein solches Gerät auch mit selber zusammengestellten Backmischungen befüllen, aber dann kann es problematisch oder interessant werden. Aber letztlich ist das kein Brotbacken. Da kann man das Brot gleich beim Bäcker kaufen. 

Wenn es im Baumarkt nur einen einzigen Brotbackofen gab, so ist im Gegensatz dazu die Vielfalt der Brotbackbücher bei Amazon einfach überwältigend. 
Man weiß gar nicht wo man zugreifen soll, ob das zünftige Bergbauernhüttenbrot mit oder ohne Sauerteig oder doch lieber Hefe-Weizen nach französischer Bauart. 

Tolle Bücher gibt es, verlockend illustriert und voller Rezepte. 
Wir haben inzwischen auch einen Meter Backbücher im Regal. 

Zunächst aber haben wir die Dummy Methode probiert, so wie Brotbacken für Dummies. Das Buch gibt es bei Amazon, aber wir wollten gleich selber mal die Fertigbrotmischungen von Lidl probieren. 
Keine Experimente, mal sehen was ein rustikaler Profibackofen draus macht. 

Der erste Teigansatz war die Hölle. 
Ich kam mir vor wie bei der Lehmziegelfertigung in Afrika. Das Zeug war unvorstellbar klebrig. Allein das Ansehen der Teigmasse flößte einem schon Furcht ein, bedrohlich der Anblick. Wie soll man da kneten? Die Hälfte des Teigs in den Fingern, die andere auf der Küchenplatte, wurde trotzdem tapfer mit der Masse herumgewürgt. 
Der Zusatz von Mehl beruhigte die Szenerie etwas, aber Freude kam keine auf. Nach der empfohlenen Gehzeit bzw, Teigentwicklungsruhezeit, war der Backofen auch gut vorgeheizt und die Temperatur mit einem Laserthermometer zu 260 Grad bestimmt. Jetzt konnte der „feuchte Ziegel“  in den Backraum „eingeschossen „werden“. Um´s kurz zu machen: den gebrannten Ziegel haben wir dann an die Hühner verfüttert. 





Brotbacken ist eine Wissenschaft, wie das Installieren eines neuen Computers. 

Da helfen auch angeblich erprobte, ausgefeilte (sind sie meistens auch nicht) Rezepte nicht, weil der Teufel im Detail steckt. 
Gut zwei Jahre habe ich mit Brotrezepten aus verschiedenen Bücher herumgetan. Bei Verlagen habe ich mich über angeblich bombensichere Rezepte und wage Angaben beschwert. 
Oftmals sind meine Teige nach dem Einschießen in den Ofen ohne Angabe von Gründen bei leisester Berührung mit einem pfffff in sich zusammengefallen. 
Wenn ich dann meinen lieben Freund und genialen Brotbäcker Manfred fragte, weshalb mir der Teig trotz Einhaltung der Vorschrift immer wieder zusammenfällt, hatte er nur die üblichen politischen Ausreden parat. 
Ja, mei , is halt so, kann vorkommen etc. Aber nichts konkretes. 
Zuletzt hat er mir ein Cartoon gezeichnet mit Mehl abwiegen, Wasser abfüllen, Rühren etc. Ruhepausen einhalten und so weiter. 
Aber eine Erleuchtung war es nicht. 

Heute weiß ich, dass das Glutengerüst des Teigs– durch Kneten und Ruhen lassen- noch nicht ausreichend stabil entwickelt war, während die Hefe derweil schon reichlich Gas gebildet hatte und der Teig gut aufgegangen und fertig aussah – puffff aber eben keine Stabilität hatte und nicht gasdicht war.. Das ist sehr amateurhaft ausgedrückt. Wenn ich in dem Backbuch „Wildbakers“ aus dem Gräfe und Unzer Verlag – ein sehr empfehlenswertes Buch – zur Stabilität des Teigs nachlese, dann erfährt man, 

Zitat: Um die Stabilität des Teigs während der Teigruhe zu erhöhen, kann man ihn in bestimmten zeitlichen Abständen (?)  immer wieder zusammenfalten ( ? ) . Dazu drückt man den Teig mit nassen Händen in der Schüssel leicht flach und faltet den unteren Rand nach oben und den linken Rand nach rechts. Dann den Teig bis zur nächsten Faltung weiter ruhen lassen

Na, jetzt wissen wir´s aber ! Einmal falsch gefaltet und alles war vergebens. 

Wildbakers ist wohl schon das intellektuell am meisten fordernde Buch. Eigentlich ist es mehr für einen ehrgeizigen, fortgeschrittenen Backeleven. Natürlich hängt viel davon ab, wie tief man in die Materie einsteigen will. So ein Buch macht halt auch viel mehr Spaß, selbst wenn man nur einen Teil der Rezepte angeht, als die Lektüre des Lehrbuchs aus der Bäckerberufsschule. 


Die ganzen Teigbereitungsprozeduren können sich schon über Tage, meist zwei Tage hinziehen und verlangen schon einiges an Geduld. In vielen Fällen hat man keine Ahnung was in dem Teig vor sich geht. 
An Backelementen kann man da den Vorteig, den Poolish, das Quellstück, das Kochstück und das Brühstück haben. Damit geht’s dann weiter mit Kneten, Teigruhe, Gare, Zusammenlegen und Falten, dem Rundwirken und Langstoßen, bis der Teig endlich in den Backofen kommt, wo er dann auch noch mit Wasserdampfschwaden bedampft werden will.
 

Schwieriger wird es, wenn Roggenbrot gebacken werden soll, denn Roggen enthält nur etwa 3% Gluten im Gegensatz zu Weizen oder Dinkel mit ihren 10%. Und 3% reichen zur Teigentwicklung und Stabilisierung nicht aus. 
Dann muss Sauerteig als Triebmittel her. 

Das Roggenmehl enthält sehr viele kohlenhydratabbauende Enzyme, Amylasen, deren Aktivität gebremst werden muss, damit der Teig stabil bleibt und nicht zerfließt. Die Säure im Sauerteig hemmt diese Enzyme. 
Deshalb gibt es auch sogenannten „Sauerteig flüssig“, der als „Bremser“ nur noch Säuren, Milch- und Essigsäure enthält. Zur schamhaften Vernebelung dieses trivialen Produkts wird den Säuren noch irgendwas biologisches, allerdings ohne Wirkung, zugesetzt. Schaut braun aus die Suppe.

Will man ein Brot mit diesem Flüssigsauerteig, der keinerlei Triebkraft hat,  backen, dann muss dem Teigansatz ordentlich Hefe zugesetzt werden, sonst gibt’s nur Ziegel. Sagt aber im internet keiner von den Schlaubergern, weil keiner auf die Inhaltsliste von „Seytnbachr“ Flüssig Sauerteig schaut. 

Hat man aber einen echten Sauerteig , der über ein paar Tage gezogen, ein Spektrum gärender Mikroorganismen enthält, dann reicht deren Gasproduktion aus, um den Teig aufgehen zu lassen. 

Wenn aber kaum Gluten enthalten ist, was stabilisiert dann den Roggenteig und hält das Kohlendioxidgas im Teig ? Es ist der hohe Anteil an komplexen, stärkeähnlichen Zuckern, Polysacchariden, welche das Teiggerüst stabil halten, sofern nicht die eigenen Enzyme es vorher zerstören. 

Vor der industriellen Produktion von Hefe gab es nur Brotbacken mit Sauerteig, ob mit Weizen oder Roggen. Deshalb muss in guter Gewohnheit gutes, graues Brot auch heute noch leicht säuerlich schmecken. Und so bejammern die Deutschen in Ferienländern das Fehlen eines „ordentlichen“ Graubrots. Manchmal wird deshalb auch Weizen-Weißbrot mit Sauerteig hergestellt, um die zarte, gewohnte Säurenote zu erhalten. Ein Schluck Säure rein- fertig. 

Die Kunden wollen das so. Vielleicht nicht gerade bei einem französischen Baguette. 

In jedem Backbuch wird die einfache Herstellung eines echten Sauer-Teigs ziemlich „dummy-proof“ beschrieben. Also keine Angst, das geht ! 



 

Im Laufe der Zeit haben auch wir aus Misserfolgen und Jubelausbrüchen gelernt die Brotrezepte in die Praxis zu übersetzen.
 

Eigentlich dreht sich alles um das Klebereiweiß, das berüchtigte Gluten, das sich im Teig richtig entwickeln muss. Am Anfang der Teigbereitung liegt das Gluten, das später das stabile Gerüst des Brotes ausmachen muss, in Form von verwurstelten Eiweißfäden vor. Durch das Kneten wandelt sich das Gewurstel in geordnete Fäden ( wie die Eisen im Stahlbeton) um, die Wasser und auch die Stärkekörner viel besser halten, bzw. zusammenhalten können.  

Der zweite Faktor ist die Zeit: lässt man dem Gluten im zusammengemischte Teig entsprechende Zeit, also beispielsweise 24 Stunden, dann quellen die Glutenfäden und richten sich im nassen Milieu von alleine richtig aus. 
Das ist auch der Grund, weshalb nach dem normalen, kräftigen Standardknetprozess der Teig in mehreren Phasen auch in Ruhe gelassen werden muss, um die richtige Glutenentwicklung zu gewährleisten. 

Will man also den ganzen Prozeduren mit Kneten, Teigruhe, Gare, Falten etc. aus dem Weg gehen, dann muss man dem Teig stattdessen extra viel Zeit geben. 
Inzwischen gibt es in dieser Hinsicht eine regelrechte Bewegung von „Brotbacken ohne Faxen“. Na ja, der eigentliche Titel den diesbezügliche Bücher haben, ist: „Brote ohne Kneten“. 

Da werden alle Brotzutaten miteinander nur gut vermischt. Der Teig ruht dann für ca. 20 Stunden. Dann wird er nochmals gefaltet – wenn´s denn sein soll- um eventuell die Glutenstränge endgültig zu entfalten. Dann lässt man den Teig noch 2 Stunden

in einem bemehlten Gärkörbchen oder Schüssel gehen.

 Anschließend wird er in einen vorgeheizten gusseisernen Topf mit Deckel gekippt und bei 220 Grad für ca. 40 min gebacken (ein anderer feuerfester Topf tut´s aber auch aber mit Deckel) und fertig. Bezüglich der Zeit  sollte man aber schon kontrollieren, ob das Brot früher fertig ist oder noch etwas Zeit braucht. Die Ofenthermometer sind halt oft nur Pi mal Daumen.
Einfacher und ohne sich zu Verirren geht’s wohl nicht. Beim Backen in einem geschlossenen Topf bleibt die ganze Feuchtigkeit im Topf, wo sonst der Bäcker kräftig mit Schwaden von Wasserdampf nachhelfen würde. Pizza geht mit dieser Teigzubereitung auch vorzüglich. 

Ein kleines aber sehr kompetentes Büchlein dazu gibt es im Gräfe und Unzer Verlag von Anne Katrin Weber: Brote ohne Kneten. Und so machen wir es auch schon lange. Und mit vollem Erfolg und ohne „Schwitz“.