Wein
Vitis vinifera
Ein Traum,
einen eigenen Weinberg zu haben, zu pflegen, das Wachsen zu beobachten, Wein zu keltern und schließlich den eigenen Wein im Glase funkeln zu sehen.
Schön wär´s.
Da kommt eher Churchill mit seiner berühmten Rede vor dem Unterhaus ins Spiel, mit der er die Briten moralisch auf den Krieg vorbereitete...
"Blood, toil, tears and sweat"
Blut, Mühe, Tränen und Schweiß – wird es kosten. Und so ist es auch mit dem Weinbau. Blut allerdings weniger, höchstens, wenn man sich mit der Rebschere geschnitten hat. Aber sonst stimmt alles. Mühe, ist auch klar, besonders.
Ohne Mühe geht gar nichts. Schweiß – ist direkt mit der Mühe verbunden. Und Tränen fließen vielleicht, wenn man eine Pilzinfektion übersehen hat, beziehungsweise einen Spritztermin versäumt hat. Da kann gleich ein Gutteil der Ernte verloren sein.
Ausgangslage
Nach dem Roden der vorhandenen, alten Weinstöcke von Listan negro haben wir die klassischen Bordeaux Sorten Cabernet Sauvignon und Merlot angepflanzt.
Hier der Herbstaspekt mit ordentlich viel Biomasse an Zweigen und Blättern. Aber alles muss weg und dann sehen die Reben nach dem Rückschnitt elend aus.
Rückschnitt bis auf zwei oder drei Knospen
Da der Wein kalkreiche Böden benötigt, wie man in Bordeaux oder Franken nur zu deutlich sieht, bringen wir vor dem Neuaustrieb reichlich kohlensaueren Kalk aus, da die vulkanischen Böden hier per se kalkarm sind. Der ausgestreute Kalk muss natürlich in den relativ dichten Boden mit einer Bodenfräse eingearbeitet werden. Gleichzeitig wird dadurch auch der Boden aufgelockert und belüftet.
Und dann muss natürlich auch bewässert werden, da die fraktal fallenden Regenfälle für den Bedarf der Weinstöcke nicht ausreichen. Bei längeren Wetterperioden mit hohen Temperaturen , wie 2023, kann es vorkommen, dass man sich mit dem Wasserbedarf verschätzt. Dann verdunsten die Blätter Wassermengen, die die Wurzeln nur unzulänglich nachliefern können. Und schon steht die Pflanze unter Trockenstress und entwickelt sich nicht weiter. Und die Trauben erst recht nicht.
Im unteren Bild glänzen die Wasserpfützen der Tropfbewässerung.
Jetzt geht´s wieder los im Merlotfeld
Die ersten zarten Gescheine, also die Fruchtanlagen, sind bereits zu erkennen.
Was hier so krüppelig dahinwächst, sind die typischen, kanarischen Weinspaliere, maximal Hüfthöhe. Bei der Weinernte holt man sich entweder einen Bandscheibenvorfall oder muss vor den Trauben auf die Knie - in Dankbarkeit?- gehen.
Das Weinjahr
Das Weinjahr beginnt im Januar mit dem Rebschnitt, wobei das Gewirr der dünnen Rebzweige ausgelichtet wird. Nur von den Ruten, die im Jahr zuvor Trauben getragen haben, lässt man einen kurzen Stummel, etwa kleinfingerlang, stehen, der aber mindestens zwei Knospen tragen muss. Aus diesen entwickeln sich die späteren traubentragenden Fruchtruten.
Das ganze abgeschnittene Zeug muss eingesammelt, zu Kompost verhäckselt oder verbrannt werden. Liegenlassen soll man es nicht, da sich noch Pilzsporen darauf befinden könnten, die nur auf einen neuen Start warten.
Bei der Durchsicht der Reben während des Rebschnitts fallen einem immer wieder schwach entwickelte oder gar abgestorbene Reben auf. Wenn das abgestorbene Rebholz fein mit gelbem Holzmehl bepulvert ist, dann war der "Ungleiche Holzbohrer" zugange. Dann kann man nur noch den Weinstock ausgraben und verbrennen.
Wenn die Rebe nur schwächelt, dann findet man die Übeltäter als weiß-filzige Läuse direkt unter der lockeren äußeren Borkenschicht. Dort stechen sie die Röhren des Zuckertransports an, saugen den Zuckersaft heraus und schädigen dadurch die Pflanze. Durch Abziehen der lockeren Borke sieht man die Tinuela genannten Läuse der Gattung Planococcus sofort. Oft laufen ganze Kompanien von Ameisen am Stamm entlang.. Sie sammeln die zuckrigen Ausscheidungen der Läuse. Überdies ist die Borke oft schwarz gefärbt, weil zusätzlich noch unschädliche Rußpilze an der "Zuckersause" beteiligt sind.
Die beiden unteren Bilder sind ganz klar.
Dann wird vorwiegend mit Kalk gedüngt, weil die Böden in Teneriffa kaum Kalk enthalten. Dadurch ist auch das Wasser kalkarm. Die weißen Verkrustungen an den Wasserhähnen, die man gern auf das Verkalken zurückführen möchte, stammen allerdings von Magnesium.
Das brauchen die Pflanzen zwar auch für den Aufbau von Chlorophyll, aber Kalzium kann dadurch nicht ersetzt werden.
Man erkennt den Kalkmangel im Ökosystem auch daran, dass es in Teneriffa praktisch nur Nacktschnecken, also die ohne Kalkgehäuse, gibt – Bösewichte, die einem kleine Setzlinge abfressen
Je nach Witterung treiben die Knospen nach 4 Wochen aus, die ersten pelzigen Blättchen entfalten sich und auch die ersten Blüten entwickeln sich. Dann gilt es, wenn sich etwa 6 Blätter entwickelt haben, die ersten Pflanzenschutzmaßnahmen zu ergreifen, um dem Befall mit dem Echten Mehltau vorzubeugen.
Dazu stäubt man die Blätter mit feinem Schwefelpulver ein. Eine gute Schutzbrille ist dabei unbedingt nötig, da der zwar ungiftige Staub in den Augen zu Entzündungen führen kann.
Bewässert werden müssen die Reben auch, was über eine Tropfbewässerung, schwarze Schläuche und Pumpe erfolgt. Die jährlichen Niederschläge um 400 mm sind einfach zu wenig, und tiefe Bodenschichten zu erreichen schaffen die Wurzeln einfach nicht, da der Untergrund vielfach aus massiven Felsen besteht.
Laub auslichten
Mit der zunehmenden Entwicklung des grünen Laubs der Reben muß man daran gehen die Weinstöcke in Form zu bringen.und ihr wildes Wachstum zu kontrollieren. Die sich entwickelnden Blüten sind inzwischen gut zu erkennen und damit auch die unnützen Triebe, die nur Wasser und Nährstoffe verbrauchen, ohne aber der Traubenentwicklung dienlich zu sein. Diese Triebe werden ausgebrochen oder deutlich eingekürzt. Sie können durchaus im speziellen Fall noch für die Beschattung der Trauben, die nicht in praller Sonne hängen sollen, nützlich sein.
Gesundheitsvorsorge
Bedauerlich und auch noch kostspielig, aber unabdingbar: Wie gern würde jeder Winzer auf die Behandlung der Reben mit Fungiziden und gegebenenfalls Insektiziden verzichten.
Arbeitszeit, Spritzmittel und Geräte, die gewartet werden müssen.
Aber muss halt sein, sonst sehen die Trauben aus wie beim Nachbarn. Kein Spaß mit dem Echten Mehltau ! Und dann auch noch der schlechte Ruf "Der Wein wird vergiftet" Unbegründet, aber ein beliebtes Thema
Pilzkrankheiten
Bei kühlem, feuchtem Wetter besteht die Gefahr von Befall mit Falschem Mehltau, bei wärmeren Temperaturen schlägt der Echte Mehltau zu.
Beide ernstzunehmenden Pilzkrankheiten stammen aus den USA. Sie wurden Mitte des 19. Jahrhunderts aus den USA zusammen mit reblausresistenten Reben eingeschleppt. Damals brauchte man die reblausresisten Sorten, weil der europäische Weinbau fast völlig von der Reblaus zerstört war. Den Belzebub hat man mit dem Teufel ausgetrieben und sich gleich neue Probleme mit Pilzkrankheiten eingehandelt.
Doch mit der Entwicklung der „Bordeauxbrühe“ aus Kupferkalk bekam man den Befall in den Griff. Allerdings erfordert dies regelmäßige Behandlungen.
Aber wie es so ist, hat sich auch der Mehltau angepasst und seine Empfindlichkeit gegenüber Kupfer teilweise verloren.
Deshalb sind heute vorwiegend organische Fungizide bei der Infektionskontrolle im Weinbau im Gebrauch, die immer wieder gewechselt werden müssen, weil einerseits die Pilze resistent werden, andererseits die Fungizide rasch von Mikroorganismen abgebaut werden und somit ihre Wirkung verlieren.
Abgesehen von den Mehltaupilzen gibt es natürlich noch einige andere Krankheiten, die aber nur sehr selten übermächtig werden. Mit den meist auch polyvalenten Mittel gegen Mehltau, werden auch sie „erwischt“.
So müssen deshalb alle 14 Tage das Weinlaub und dann auch die Trauben behandelt werden. Bei trockener Witterung kann man auch mal länger warten.
„Oh Gott oh Gott, ich will keinen vergifteten Wein trinken mit all der Chemie und so. Lieber einen ökologischen Wein ohne Spritzmittel, ganz natürlich!“
Im konventionell hergestellten Wein findet man trotzdem keine Pestizide.
Denn etwa 6 Wochen vor der Weinernte dürfen die Reben nicht mehr mit Pestziden behandelt werden.
Innerhalb dieser Zeitspanne sind dann sind die Spritzmittel alle abgebaut. Wenn nicht: dann hätte man Probleme bei der Vergärung der Trauben, denn die dann verantwortliche Hefe ist auch ein Pilz und würde nicht mehr gären.
Wenn aber trotzdem immer noch unschädliche Reste für die Vergärung vorhanden wären, würden die garantiert während der mehrmonatigen Reifung des Weins durch die tätigen Mikroorganismen abgebaut sein.
Also: Im Wein liegt letztlich doch Wahrheit; man muss sich nur die wissenschaftlichen Zusammenhänge klarmachen.
Im sogenannten Ökoweinbau wird vorwiegend Schmierseife, Bentonit ein Tonmineralpulver, Schwefel, Azadirachtinöl (saugiftig) und Kupfer, Kupfer, Kupfer verwendet.
Die Böden sind dann regelrecht mit Kupfer durchsetzt. Kupfer ist zwar „natürlichen Ursprungs“ aber dennoch wie viele „natürliche“ Substanzen, z.B. Quecksilber oder Radium, sehr giftig. Die armen Regenwürmer.
Die reifenden Trauben sind einfach zu verlockend für die Amselpopulation, die in den letzen Jahren stark zugenommen hat. Amseln sind ja auch konkurrenzfähiger und größer als die lokalen Singvögel. Größere Traubenfresser sind aber die Türkentauben und die fetten Brieftauben. Deshalb muss man sich schon die Mühe machen und die Rebreihen mit Netzen schützen. Lange Zeit hieß es, "Ja mei, da kannst nichts machen". Aber die neuen Chinaläden hatten sofort feine, grüne Nylonnetze im Angebot, genau passend für die Weinspaliere.
Die einheimische Sorte "Negra moll" hat recht große Beeren, die zwar deutlich früher reifen, als die Sorte Cabernet sauvignon, aber innerhalb der Trauben verläuft die Reifung nicht sehr einheitlich. In so einem Fall sind mehrere Weinlesungen nötig.
Vendimia, die Weinernte
Im September oder Oktober - je nach Weinsorte und Witterung - beginnt die Weinernte. Das macht man auch nicht auf's Geradewohl, sondern sieht sich die Kerne in den Trauben an: sie sollen braun und ausgereift sein.
Dann wird der Zuckergehalt der Trauben mit einem Refraktometer gemessen.
Der Zucker in den Trauben ist der ganz gewöhnliche Haushaltszucker und der hat die Eigenschaft, die Schwingungsebene von polarisiertem Licht zu drehen: je weiter, desto mehr Zucker. Eine sehr einfache Methode.
Der Zuckergehalt wird gern verklausuliert in Oechsle-Einheiten dargestellt. Dabei geben 94 Oechsle 13 % Alkohol und der Zuckergehalt im Traubensaft liegt dnn bei pappsüßen 22%. Das ist eigentlich der Wunsch-Zuckergehalt für den Erntezeitpunkt.
Die Trauben werden bei uns von einer ganzen Freundestruppe geerntet, gewogen, mit einer Entrappmaschine von den Stängeln befreit und gleich mazeriert, also vermanscht und aufgeschlossen.
Die Maschine pumpt die bei Rotwein blassrosa, schaumige Brühe, die Maische, in einen passenden Tank. Da kann auch ein Unglück geschehen. Siehe entsprechendes Bild. Wenn nämlich der Pumpenschlauch nicht festgehalten wird, sondern aus dem Tank „schnappt“ ... Furchtbar !
Erntereif
Die Trauben werden kritisch kontrolliert
Erntetrupp
Die Erntehelfer warten schon
Die Ernte ist eingebracht
Eimer für Eimer wird die Ernte gewogen und kommt dann in die Entrappmaschine, welche die Stängel abrubbelt und die Maische in den Tank pumpt.
Jetzt kommt Kübel für Kübel in die Entrappmaschine, wo die Beeren aus den Trauben abgeriebelt und auch gleich "vermaischt", also zerquetscht werden. Über eine Maischepumpe wird die Schlämpe in den Tank gepumpt.
Der gelbe Schlauch, über den die Maische aus der Entrappmaschine in den Tank gepumpt wird, steht unter hohem Druck und muss sorgfältig kontrolliert werden.
Eine Katastrophe
Der dicke, gelbe Schlauch der Entrappmaschine, der Despalilladora, mit der die von Stängeln befreite Maische mit Druck in einen der Tanks gepumpt wird, ist in einem Augenblick der Unachtsamkeit aus dem Tank gerutscht und der Maischestrahl hat alles versaut.
Jetzt wissen wir´s .
Na, wenigstens wird wieder mal Reine-gemacht.
In der Bodega.
Die 1000 L Tanks haben schwimmende Deckel, die sich randlich durch einen aufblasbaren Schlauch abdichten lassen. Das sind sogenannte "Immer-Voll Tanks". Man kann die Deckel nach dem Druckablassen der Schlauchdichtung über Flaschenzüge an der Decke öffnen/hochziehen.
Die Gärung
Beim Rotwein steckt die ganze Farbe nur in den Schalen, die deshalb mitvergoren werden müssen, sonst kommt die Farbe nicht in Lösung. Im Gegensatz zu den Weißweintrauben, die sofort abgepresst werden. Deren gelblich- trüber Saft kommt direkt in den Gärbehälter.
Champagner, übrigens, wird vorwiegend aus roten Trauben gemacht. Hier müssen die Trauben also ruck-zuck ausgepresst werden, damit kein Anthocyan, der rote Farbstoff, in den zu vergärenden Saft gelangt.
Die noch rosa Maische im Tank muss jetzt noch mit einem wichtigen Stoff versetzt werden, dem Metabisulfit, welches in der Lösung dann Schwefeldioxid freisetzt. Es dient dazu die Vielfalt von Bakterien im Most, die sich natürlich über das zuckrige Medium hermachen würden, unter Kontrolle zu halten. Sehr schnell wäre der Wein sauer oder bekäme unangenehme Gerüche.
„Oh Gott oh Gott, nicht schon wieder Chemie“ höre ich da manche Weintrinker jammern, „das macht doch Kopfschmerzen und Kater am Morgen“.
Das ist aber ein unausrottbares Gerücht, denn Kopfschmerzen und andere Unpässlichkeiten hängen, wenn man mal vom Alkohol absieht, vom Histamingehalt des Weins ab. Je nach Sorte und Vergärungsdauer kann der Wein mehr oder weniger Histamin, ein Allergien auslösendes, biogenes Amin (check bei Google) enthalten.
Roter enthält mehr, weißer weniger davon.
Histamin spielt auch beim Heuschnupfen und bei anderen Unpässlichkeiten eine Rolle.
Übrigens ist Metabisulfit ein in der Lebensmittelindustrie gängiges Konservierungsmittel für mikrobiologisch empfindliche Produkte, ob Senf oder Majonaise oder Kartoffelpüree– und da kräht kein Hahn danach.
Oh Gott, ich habe am Abend Kartoffelpüree gegessen. Das enhält doch Sulfit als Konservierungsmittel, also Schwefel. Kein Wunder, dass ich jetzt üble Kopfschmerzen habe. Ich hätt´ s wissen müssen : dieser Schwefel !!
Neben dem Metabisulfit gibt man in den Tank zur Sicherheit noch eine Aufschlämmung von französischer Reinzuchthefe, damit die Gärung prompt startet und man evtl. auch den Charakter des Weins in die gewünschte Richtung lenken kann.
Manche Hefen vergären den Most zu einem fruchtigeren, leichten Wein;
andere führen zu einem farbintensiven, kräftigen Wein.
Auf die wilden Hefen, die auf den Trauben vorkommen, ist kein rechter Verlass. Es wird dann vielleicht ein „Bauernwein".
Hier wird der zur Oberfläche aufsteigende "Sombrero" , also die gasgefüllten Schalen, wieder in die Flüssigkeit untergetaucht, um die Farbe auszulaugen. Dabei entweicht das Kohlendioxid in einem hellroten Schaum
In der Weinpresse lassen sich bis zu 200 bar Druck aufbauen; meistens treiben wir es nicht so weit, um nicht den letzten Tropfen herauszuquetschen, und um eine gute Weinqualität zu gewährleisten. Der noch weinhaltige Rest kann zu Grappa weiterverarbeitet werden.
Ohne teuere Kühlaggregate läßt sich die Gärtemperatur mit eingefrorenen 1,5 Liter Standard Wasserflaschen unter Konrtolle halten. Eine kleine Sauerei, die getauten Flaschen an den Schnüren wieder herauszuziehen und durch frische unter Temperaturkontrolle zu ersetzen.
Sehr unbeliebt ist das anschließende Saubermachen der Geräte und Kübel.. Da flüchtet mancheiner auf die Terrasse vor der Küche, um wenigstens beim Aus- und Einschenken zu helfen. Andererseits gibt´s auch manche Bastler, die einen Spaß daran haben, die Despalilladora, die Entrappmaschine, auseinanderzuschrauben oder die Weinpresse mit dem Kärcher zu säubern.
Nach der Ernte und der Maische im Tank kann´s lustig werden.
Deshalb gibt´s Vormerklisten für Erntehelfer. Nur die tierischen "Erntehelfer" , die auf der Telefonleitung hocken, bleiben außen vor.
Im Bild hat das Tafeln noch gar nicht begonnen. Erst muss ein guter Schluck genommen werden.
Und dann wird aufgetragen
In der Bodega geht´s derweil etwas geruhsamer zu. Jetzt ist Feintuning angesagt.
Den Weintank spülen wir gleich mal mit Stickstoff, so dass der zunächst unvermeidliche Luftsauerstoff keine Essigsäurebildung anstoßen kann.
Der Wein reift
Wichtig ist immer noch, wie schon im Gärungsverlauf, den Wein regelmäßig analysieren zu lassen. Ein besonderes Augenmerk sollte man dabei auf das freie Schwefeldioxid haben, da dieses eine Schutzfunktion gegenüber unerwünschten Bakterien hat, z.B. den Essigsäurebakterien, die den Wein rasch sauer werden lassen. Die Milchsäurebakterien hingegen sind gute Helfer, die sich auch vom "Schwefel" nicht beeindrucken lassen. Sie wandeln die "hart" schmeckende Äpfelsäure in die milde Milchsäure um. Die anderen Parameter wie Alkoholgehalt, die feine Säure oder die Süße des Glyzerins erfährt man ebenso aus der Analyse.
Spätestens alle drei Wochen muß man wieder nachsehen.
Die Tanks werden selbstverständlich mit dem schwimmenden Deckel und seiner aufblasbaren Dichtung zusätzlich zur Stickstoffspülung dicht verschlossen.
Jetzt aber ist Schluß, vorläufig wenigstens.
Trotzdem wird der Wein regelmäßig analysiert und natürlich verkostet. Insgesamt also eine Mordsbastelei.
Wenn man mal vom Spaßfaktor absieht, rentiert sich der Weinanbau finanziell keineswegs. Wir „geben“ zwar die Flasche „Vega Sanssouci“ günstig an unsere Freunde und Bekannten ab, aber die Flaschen kosten Geld, sie müssen vorher auch sterilisiert werden, Etiketten entworfen und gedruckt, die Flaschen beklebt, dann verkorkt und mit einer Kapsel versehen werden, bis man endlich mit dem Finger drauf zeigen kann:
„Unser Wein!“
Anstatt in Edelstahltanks aus Italien würden wir, um uns noch mehr Arbeit aufzuhalsen, den Wein lieber in neuen Fässern aus französischer Eiche reifen lassen. Die Qualität wäre dann wahrscheinlich noch um einen Tick besser, sonst würden die großen Weingüter in Bordeaux dies nicht machen. Bis zu zehnmal wird im Chateau Mouton-Rothschild der Wein während der Reifung in den Eichenfässern umgepumpt, um Feinsedimente abzutrennen, die den Geschmack und das Aroma verändern können.
Natürlich pumpen auch wir den Wein während der Reifung von einem Tank in den anderen, um Weinstein und andere Trübstoffe und Sedimente abzutrennen. Wenn sich der Wein nicht von selber klärt, dann wird er mit aufgeschlagenem Hühnereiweiß behandelt, das Trübstoffe bindet und präzipitiert. Das machen die großen Weingüter auch.
Während der Lagerung würde Wein aus den Fässern verdunsten, die deshalb spundvoll gehalten werden müssen. Durch das Verdunsten von Wein über das Holz dringt ganz langsam Luft in die Fässer, was einerseits gefährlich, andererseits unter dem Aspekt der Mikrooxygenation wiederum erwünscht ist. Durch die Oxidation von Basisaromastoffen bilden sich komplexere Aromen, die letztlich dem Wein seinen endgültigen Charakter geben.
Das ist in etwa vergleichbar mit der Umwandlung/Oxidation von Grünem Tee zu Schwarztee, der ja auch wesentlich aromatischer ist. Also muss der Winzer immer einen Extravorrat des Weins bei der Hand haben, um die Fässer nachzufüllen.
Ein bisschen Luft geben wir unserem Wein natürlich auch. Das geschieht zwangsläufig beim Umfüllen von einem Tank in einen anderen.
Aber, jetzt kommt das Aber!
Ein neues Eichenfass kostet etwa 600 Euro und hat nur 235 Liter Inhalt; man kann es dreimal füllen, aber dann ist es quasi verbraucht. Die Tannine des Holzes sind dann ausgelaugt.
Nach Gebrauch müssen die Holzfässer zudem jedes Mal aufwändig gereinigt und sterilisiert werden, da sich im porösen Holz gern unerwünschte Keime verbergen. Für uns einfach zu teuer. Bei einem Flaschenpreis von 20 Euro könnte man es sich leisten. Aber der Teneriffawein ist halt insgesamt zu „günstig“ und wird weit unter Gestehungskosten verkauft. Ein Hobby halt und eine teure Herausforderung, aber weniger nass als Hochseesegeln.
Die Winzer der Neuen Welt haben ein anderes System, den Wein in Kontakt mit Eichenholz zu bringen. Ursprünglich in der EU verboten, wurde die Methode inzwischen offiziell zugelassen.
Ob nun Wein in Eiche oder Eiche in Wein gelagert wird könnte eigentlich gleich sein; ist es auch bis auf den Faktor der Mikrooxygenation.
Deshalb ging man in Australien, Südafrika, Chile aus wirtschaftlichen Überlegungen dazu über, getoastete, also je nach Strategie unterschiedlich stark angekokelte Eichenspäne in großen „Teebeuteln“ in die Edelstahltanks zu hängen.
Die Eichenfässer werden ja auch im Innern an- bzw. ausgekohlt und vermitteln dadurch ein zartes, unterschwelliges Raucharoma, in dem sich auch aus dem Lignin des Holzes ein zartes Vanille Aroma entwickelt.
Wir machen das natürlich auch, wie die Profis. Die dem Eichenfass entsprechende, speziell präparierte Chipsmenge kostet nur 30 Euros. Das geht! Und die Chips werden anschließend im Kompost entsorgt.
Im Herbst brennt die Natur im Blätterwald des Weinlaubs ein prächtiges Feuerwerk ab.
Weinverkostung
Jedes Jahr im Frühjahr findet in der Gemeinde eine Weinverkostung statt. Belén, die Landwirtschaftsberaterin kommt in der Bodega vorbei und zapft vom Tank 3 Flaschen, die beschriftet und dann mit Folie anonymisiert werden.
Später setzt sich ein Weinkennergremium zusammen, verkostet und vergibt dann einen ersten, zweiten und einen dritten Preis.
Wir haben dabei einmal den ersten und ein weiteres Mal den zweiten Preis unter ca. 40 Weinbauern gewonnen.
Ein bisschen Glück ist natürlich immer dabei: Wachstumsbedingungen, Erntezeitpunkt, Hefe, Gärdauer, etc. müssen stimmen. Wenn ein Faktor nicht stimmt, ist's schon wieder nichts mit einem Preis.
Auch Claude, unserem Mentor beim Bau der Finca, haben wir bei der Inauguration seiner Bodega zum ersten Preis verholfen.