oben: Die Mondlandschaft auf der Rückseite des Calderarandes.
Wandern
„Das Wandern ist des Müllers Lust“ meint ein altes Volkslied. Heute wandert kein Müller mehr und die "Müllerei" haben Computer mit ihren Programmen übernommen.
Aber auch ohne Müller ist das Wandern auf Teneriffa eine Lust und ein Highlight der Insel. Das hat natürlich mit den geographischen Gegebenheiten zu tun. In der Lüneburger Heide sieht man freitags schon, wer am Samstag zu Besuch kommt. Hier auf Teneriffa haben wir zwei Gebirge, das Teno und das Anaga, und mittendrin der große Kegel des Teides.
Auch wenn man nur eine Woche, besser 14 Tage als Normaufenthalt in Teneriffa weilt, gibt es, wenn die üblichen Sehenswürdigkeiten abgehakt sind, etliche Möglichkeiten, sich einer geführten Wandergruppe anzuschließen. Man kommt dann in Gegenden und erlebt Landschaften, die dem Busfenster verborgen bleiben.
Genau darauf haben sich zahlreiche Wanderclubs eingestellt und bieten Tagestouren in die entlegendsten Regionen an. Alles genau geplant mit Busab- und rückfahrt, Mittagessen und Erfrischungen. Ob Aventura, Heidis, Gregors oder wie sie auch heißen, alle bieten ziemlich ähnliche Touren mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad und Dauer an. Nur mit Rollator geht nichts.
Ein erfahrener Wanderer wird sich vielleicht den einen oder anderen Prospekt durchlesen und dann die Route in einem der mittlerweile zahllosen Wanderführer („Tenerife for Dummies“) nachverfolgen und dann auf eigene Faust loswandern.
Geht auch.
Die Masca Schlucht ist das Highlight für Wanderungen auf Teneriffa. Anstrengend und nicht ungefährlich. Mancheiner musste mit dem Hubschrauber nach einem Beinbruch evakuiert werden.
Meist wandert man nur die Schlucht hinunter bis ans Meer und kann zu bestimmten Zeiten nach Voranmeldung von einem Boot abgeholt werden. Dieses bringt einen dann in den Hafen nach Los Gigantes. Wenn schon der Abstieg etwa 4 Stunden dauert, kann man sich vorstellen wie lange der Aufstieg dauern mag. Manche Sportler schaffen das aber
Im rechten unteren Bildeck "sitzt der Größenvergleich"
das untere Bild verdeutlich die Dimensionen in der Mascaschlucht.
Während der Zeit des Fincaaufbaus, als Wein, Oliven und Bananen noch am Wachsen waren, hatten wir am Wochenende viel Zeit zum Wandern zu gehen. Wir haben uns auch erstmal zur Probe einer Wandertruppe angeschlossen – 20 Euro incl. Busticket – und sind dann auf den Geschmack gekommen, die angebotenen Routen selber zu erforschen.
Über das Universitätsnetzwerk hatten wir Pepe Navarro kennengelernt, der noch eine Firma für Feuerlöschgeräte im weitesten Sinn betrieb, und der am Wochenende, da unbeweibt, Zeit und Lust zum Wandern hatte. Also nahm er uns unter seine Fittiche.
Er hat uns auch die Bekanntschaft mit Juan Fuentes vermittelt, von dem wir unsere Stecklinge von Cabernet Sauvignon und Merlot bekommen haben.
Mit Pepe haben zahlreiche Wanderungen vorwiegend im bizarren Anaga Gebirge gemacht.
Manchmal sind wir nur „one way“ gewandert und mussten den Rückweg „hitchhiken“. Ging aber. Zwischendurch waren wir so mutig eine Tour nach einen der Wanderführer-Klassiker – handliches Büchlein, rot, daumendick - zu planen.
Wir wollten zur Playa de San Juan an der Nordostspitze von Teneriffa, und wollten eine nur dort vorkommende Pflanze, Micromeria rivas-martinezii, für die molekularbiologische Untersuchung in München suchen, eigentlich mehr : finden. Der Anfang war einfach. Wir mussten nur zweimal bei der Kapelle von San Andrés umkehren, um den richtigen Abzweiger von dreien zu finden. Zur Punta de Antequera war es klar. Eine Hütte war der Markierungspunkt.
Dann ging's - so hieß es wenigstens „nach mehreren hundert Metern zweigt ein Weg nach rechts unten ab“. Einen solchen Weg fanden wir auch, der aber in kompletter Wildnis endete.
Aha, da müssen wir uns den Weg wohl selber suchen. GPS war noch nicht verfügbar. Zerkratzt kamen wir dann über den Barranco de Zapatero an einer Klippe am Meer an. Finis terrae .
Wir sind offensichtlich einen Parallel Barranco zu dem, der zur Playa de San Juan führen sollte, hinuntergewandert. Rüberzuqueren war unmöglich.
Also wieder zurück. Auf dem Rückweg sahen wir dann wie auf einer Landkarte den richtigen Weg. Von oben aber uneinsehbar in wildem Gestrüpp versteckt.
Oben angekommen haben wir dann gesehen, wie man „ein paar hundert“ Meter interpretieren kann und einen Abzweiger uncharakterisiert lassen kann.
Auf jeden Fall war´s ein Abenteuer und wir könnten jetzt die Strecke narrensicher beschreiben. Ein zweites Mal sind wir ohne Probleme an die Playa gelangt, wo etliche verrottende Hafengebäude vor sich hinrosten und eine Yacht in der Bucht vor Anker lag. Die Pflanze haben wir aber dennoch nicht gefunden. Da müsste man mindestens einen Tag lang suchen.
Heutzutage gibt es aber eine Vielzahl von Apps für das Smartphone, die einem die Navigation im Gelände sehr erleichtern und auch kleine Wegabweichungen aufzeigen, wie z.B.: KOMOOT, eins unter vielen.
Vergleichbare Erlebnisse, nur weniger schweißtreibend, haben wir aufgrund schlampiger Wegbeschreibungen, noch ein paar Mal gehabt.
Man muss die Beschreibungen halt als Aufforderung zu einem Abenteuer ansehen.
Gelegentlich, wie auf der Hochebene des Tenogebirges, hat auch die Wander- und Naturschutzbehörde die Wegweiser umbenannt und umgestellt. Nur deshalb sind wir auch zu einer großen Ziegenfarm gekommen, völlig unerwartet, aber interessant. Die Bäuerin dort hatte einen eigenen, gekachelten Raum (Vorschrift), wo sie Käse machte und die Käserundlinge lagen auch in einem modernen, verglasten Kühlschrank. Nur einen halben oder gar ein Viertel Ziegenkäse zu kaufen, hätten wir uns geschämt. Also ein ganzer Laib, der Preis war auch wie bei kanarischem Käse üblich, nicht ruinös.
Und jetzt ins Anaga Gebirge
Canarina canariensis, die kanarische Glockenblume, trifft man zuverlässig beim Wandern an den Wegrändern im feuchten Anaga Gebirge an
Eine schöne Wandergegend ist auch die Küstenlinie im Norden Teneriffas, an der Basis des Anagagebirges.
In der Bildmitte Taganana. Von dort führt die Straße nach Almacigo und über Benijo der Küste entlang nach El Draguillo. Von dort verläuft ein abrutschiger Eselspfad zum idyllischen, abgelegenen Las Palmas de Taganana, quasi bis ans Ende der Welt, wo sich Aussteiger einige Häuschen eingerichtet haben. Alles wird per Rucksack oder Esel besorgt-
Verstreut liegen die Häuser um den Gutshof
Eselspfad nach Las Palmas de Taganana
Gutshof mit Kapelle
Innenhof
Die Steilwand von Los Gigantes im Südwesten von Teneriffa bietet dramatische Ausblicke. Nur die Wege sind schwierig zu finden:
Unsere Wandertouren sind mit der Entwicklung der Finca ausgeklungen.
Aber bei unseren Freunden, die wenigstens ein halbes Jahr in und um La Matanza bis Puerto wohnen und diejenigen, die ganz hierher gezogen sind, haben sich private Wanderclubs etabliert, die jeden Sonntag zu Expeditionen aufbrechen und dann kurz nach Mittag, wenn´s noch nicht zu spät ist, eine Guachinche - natürlich nach Voranmeldung - überfallen.
Tolle Bilder bekommen wir dann.per Whatsapp.
Die berühmteste Wanderung auf der Insel führt in und durch die Mascaschlucht.
Masca selber ist ein winziges Dörfchen, in dem sich vor zig Jahren Aussteiger in leerstehenden Häusern eingenistet haben. Der Ort war damals nur über einen Eselspfad erreichbar.
Heute führt eine grotesk gewundene, enge Asphaltstraße, in der sich Riesen-Busse stauen, in einen „Touristenrummelort“.
Wie Venedig im Karneval, nur ohne Masken, und dafür mit Adiletten.
Für die etwa 4 stündige Wanderung durch die Schlucht hinunter ans Meer braucht man inzwischen eine Genehmigung und eine gute Kondition um über Felsabbrüche zu klettern – eher krabbeln – und Bachläufe zu durchqueren. Einen Fuß kann man sich da leicht brechen.Gelegentlich kann nach Regenfällen die Schlucht auch gesperrt sein.
Am Endpunkt der Wanderung kann man nach Voranmeldung von einem Schiff abgeholt und zurück in die Zivilisation nach Los Gigantes gebracht werden.
Natürlich kann man auch den ganzen Weg bergauf zurück machen, was sich aber nur Wenige zumuten. Die Tour zurück ist insgesamt etwas problematisch, da viele Seitentäler abzweigen. Da auf dem felsigen Untergrund nur wenige Gehspuren zu sehen sind, kann man sich leicht verirren. Bergab ist das kein Problem, da man quasi in Kolonne marschiert.
Aber bergauf!
Ein jugendlicher Bekannter von uns wollte nicht das Schiff zurück nehmen, sondern allein wieder nach oben wandern. Ach was, so schlimm ist das schon nicht! Am späten Nachmittag sind die Horden von Touristen schon alle unten angekommen, so dass keine Entgegenkommenden als Orientierungshilfe gedient hätten.
Kurz: er bog in eines der vielen Seitentäler ein, verirrte sich und musste im Freien in den Felsen übernachten.
Natürlich hatte sein Handy nicht mehr ausreichend Ladung – ach das braucht´s doch nicht ! Und nachdem er auch am nächsten Vormittag nicht aufgetaucht war, wurde ein Rettungshubschrauber losgeschickt, der ihn auch gefunden und zurückgebracht hat.
Rettung per Hubschrauber ob aus dem Meer oder aus den Gebirgen ist schon fast an der Tagesordnung. Da sind die Kanarios wirklich Spitze.
Der Berg-Kranz, der die Caldera (Einbruchskrater) um den Teide herum umgibt, ist auch ein populäres Wandergebiet.
Blick vom Guajara Gipfel oberhalb des Paradors hinunter in die Caldera Ebene, wo auch die eindrucksvollen, bis zu 2 m hohen roten Tajinasten totz der harten Lebensbedingungen verläßlich zur Blüte kommen.
Eine ähnlich überlaufene Tour – ganz berühmt - führt durchs Barranco del Infierno, das Höllental. Auch hier ist eine Anmeldung obligatorisch. Man könnte die Tour auch mit Adiletten machen, denn der Weg schlappt fast ebenerdig dahin und endet an einem kleinen Wasserfall – manchmal wenigstens, sonst an einer Steilwand. Links und rechts des Weges findet aber der Botaniker interessante Endemiten, also Pflanzen die nur auf den Kanaren heimisch sind. Aber die würde der unvoreingenommene Wanderer eher unter „Gestrüppzeug“ einordnen und weitergehen.
Zwei Touren mit Studenten haben wir nur deshalb durchs Höllental gemacht. Dem Marketing des Touristenbüros gebührt daher allerhöchste Anerkennung.
Andere Wanderungen auch auf und rund um den Teide sollen hier nicht weiter diskutiert werden. Man kann sie in den üblichen Wanderführern nachlesen und kommt manchmal bereits bei der Lektüre ins Schwitzen, wie auch die nachfolgenden Bilder zeigen. Touren führen entlang von Steilwänden, zu Ausblicken in Felslöchern oder entlang ehemaliger Wasserkanäle, die sich auch durch lange Tunnels zwängen.
Für Abenteuer und Abwechslung und Körperertüchtigung ist also auf der Insel gesorgt.
In den Bergen des Anagagebirges haben die Bewohner mit unglaublichen Anstrengungen Tunnel und Kanäle in die Bergflanken geschlagen, um das Wasser auf ihre tiefer liegenden Felder zu leiten. Heute läuft das Wasser in Rohren. Aber auch diese nachfolgende Installation war eine Herkulesarbeit.
Durch solche Felstunnel führt ein Wanderweg in den Anaga Bergen von Batan nach Punta del Hidalgo
Immer der Wasserleitung nach!
Und was finden wir oft beim Wandern?
Pilze, richtig! Hier geht's weiter