Der Kampf ums Wasser

 

Der Kampf ums Wasser wird weltweit in den nächsten Jahren die Klimapolitik prägen. Auch in Teneriffa spielt das Wasser sowohl in der Landwirtschaft, wie im touristisch geprägten Südwesten eine wichtige Rolle. Es gibt hier keine natürlichen Wasserquellen wie Bäche oder Flüsse. Lediglich am Ende des Barranco del Infierno plätschert ein kleiner Wasserfalls idyllisch und saisonal vor sich hin. 


 Während in den Touristenzonen mittlerweile Meerwasserentsalzungsanlagen für Süßwasser sorgen, bezieht die Nordregion ihr Wasser aus den sporadischen Regenfällen, zumeist aber aus dem Tropfwasser, das in den Kiefernwäldern aus den Nebelwolken des Nordostpassats kondensiert. Es versickert im Boden, wo es dann in horizontalen Stollen, sogenannten Galerien, gesammelt und in Kanäle geleitet wird. Dieses Kanalwasser speist seit Jahrhunderten sowohl die Trinkwasserreservoirs wie auch die offenen Sammelbecken für die Landwirtschaft. 

 

Bis vor wenigen Jahren konnte es im Sommer, wenn immer öfter die Regenfälle ausblieben, zu Wasserknappheit für die Landwirtschaft kommen und Kanäle und Leitungen blieben für Wochen trocken. Inzwischen haben die Wassergesellschaften damit begonnen die Wasserhorizonte in den Bergen effizienter anzuzapfen und das Horten von Wasser in den Tanks auf den Fincas hat an Schärfe verloren.

Das sogenannte Trinkwasser, auch „Straßenwasser“ genannt, weil es über die Leitung von der Straße ins Haus kommt, wird von den Einheimischen eigentlich nur als Hauswirtschaftswasser genutzt. Das wirkliche Trinkwasser kauft man in 8 L Behältern im Supermarkt. Entsprechend groß ist der Anfall von Plastikflaschen. 

Dieses Wasser wird aus Brunnen in der Gegend von Vila Flor in großer Höhe gewonnen, wo das Wasser nicht viele Bodenschichten durchlaufen muss und sich nicht mit vielen Mineralien anreichern kann. Durchaus ein Vorteil, weil in tieferen Lagen die Fluorwerte für Kindernahrung grenzwertig sein können. Auch der dann hohe Magnesiumgehalt ist zwar gesundheitlich sogar wünschenswert oder wenigstens unschädlich, führt aber zum Ver“kalken“ von Leitungen und der Kaffeemaschine. 


Dem Leitungswasser traut man aber aus mikrobiologisch- gesundheitlichen Gründen (Verseucht?) immer noch nicht über den Weg. Das hat sich in den Köpfen von altersher manifestiert, obwohl heute das Wasser hygienisch kontrolliert und in modernen Leitungen verteilt wird. Was immer noch überliefert ist und praktiziert wird, ist, Wasser an öffentlichen Wasserstellen zu zapfen. Diese wurden und werden immer noch von kontrollierten Galerien versorgt, in denen keine Ratten ertrinken oder der Regen Dreck einschwemmt. 
Ist halt nicht so modern und auch umständlich mit Leerbehältern anzurücken und für einen 8 Liter Behälter nicht recht rentabel. Trotzdem werden diese Wasserstellen genutzt und von den Gemeinden gewartet. 


Auch wir holen unser Wasser von einer dieser Zapfstellen. Mit Teststäbchen geprüft, hat sich „unsere Quelle“ als vorzügliches Wasser herausgestellt. Besonders für die Kaffee- und Teezubereitung, wo man wenig Mineralien im Wasser haben will. Leitungswasser trinken wir aber trotzdem ohne Bedenken oder abträgliche Erfahrungen.


Die Versorgung unserer Finca mit Bewässerungswasser, das wir im 500 Kubikmeter Tank speichern erfolgte bis vor kurzem über ein zentrales, offenen Kanalsystem, das einen Verteiler speist, an den etwa 7 Fincas angeschlossen sind. 

Der Haken dabei ist, dass der Verteiler im Hof einer angrenzenden Finca liegt und die Wasserlieferungen oftmals um 3 Uhr morgens erfolgen, manchmal auch vormittags. Der Hofzugang muss also offen sein, wo doch sonst alles hinter verschlossenen Türen/Fenster abläuft. Wird vergessen das Tor nicht abzusperren, muss man energisch klopfen und dann fangen die Hunde an Radau zu machen. Eine Idylle. Kommt aber vor. Und den Hof zu betreten, tags und nachts, ist zwar nicht lustig, aber ein verbrieftes Recht.


Zweimal im Monat bekommen wir Wasser zugeteilt. Das bedeutet, man muss in den Hof der Finca gehen, exakt zum Zeitpunkt den vorher für eine andere Finca offenen Kanal schließen und den eigenen öffnen. Zusammen mit den anderen Fincas ist es schon ein ständiges Kommen und Gehen. Klar, dass die Fincabewohner, eine Großfamilie, das nicht sonderlich schätzt. Aber so sind halt die Gepflogenheiten seit Urzeiten.

Wasserdiebstahl ist ein übliches Kavaliersdelikt auf der Insel. Das bedeutet, dass man über gesamte Bezugsdauer auch nächtlings aufpassen muss, dass einem ein anderer Nachbar nicht das Wasser abdreht und umleitet. Auch mit dem Fincahofbesitzer und seinen Angehörigen muss man auf gutem Fuß stehen. 

Einmal war unser Kanal zwar offen, aber es kam kein Wasser im Tank an. Da war der Kanal mit Styroporbrocken nach dem Verteiler verstopft und das ganze Wasser lief in das Feld, bewässerte also das Feld des Hofbesitzers. Auf Vorhaltungen hieß es, es wären die Hunde gewesen; wieder ein anderes Mal wär´s der Großvater gewesen, der allerdings schon 20 Jahre tot war. Die fehlende Logik tangiert niemanden. 
Es ist halt so. 

Ein anderes Mal war nichts offensichtlich verstopft, aber im unterirdischen Kanal am Fincahof steckte schließlich ein Fußball. Ja, mei, die Kinder spielen halt. War eine Mordsaktion erstmal die blockierte Stelle zu finden, den Boden aufzubrechen und dann alles wieder zuzumachen. 
Manolo, dessen Schwester in dieser Finca wohnt, hatte uns über Jahre diesen Ärger, auch das nächtliche Aufstehen, vom Hals gehalten. Aber irgendwann mussten wir es doch selber übernehmen und es war wie erwähnt ein arg „saurer Apfel“.


Inzwischen haben wir diesen Wasserliefervertrag gekündigt und können über eine gesonderte Leitung, die wir beim Fincabau vorsichtshalber zusätzlich an einen anderen Wasserversorger, BALTEN, angeschlossen haben, jederzeit über einen Hahn unseren Tank auffüllen.

          Die Galerien von Teneriffa

Ein Tor zur Wartung einer Galerie

Eine Galerie mit verrohrtem Kanal

Kopf einziehen !

 

Über 70% des Wassers auf Teneriffa kommt aus den mehr als 1200 Galerien, die den „Berg“ wie einen Schweizer Käse durchlöchern. 
Bereits vor 170 Jahren begann man damit mannshohe Tunnels horizontal in den Berg zu sprengen, um das Sickerwasser zu sammeln und in große Reservoirs zu leiten. Auch wenn kein Regen fällt, wie fast das ganze Jahr 2020, kondensiert doch die Feuchtigkeit aus den Nebelwolken an den Nadeln der Kiefern und tropft in den Untergrund, bis es auf undurchlässige Schichten stößt und dort abgezapft werden kann. 
Ursprünglich wurde das  erstaunlich warmeWasser in offenen Kanälen aus dem Berg geleitet. Mit dem Aufkommen  von Plastikrohren wurde das Wasser in den Kanälen  zur Qualitätsverbesserung in Rohren gefasst. 

Auf Wanderungen stößt man immer wieder auf die Gittertore von Galerien. Durch manche aufgelassenen, versiegten Galerien führen sogar Wanderwege, wo Taschenlampe und Kopfeinziehen wichtig sind. 

Daneben gibt es aber auch noch ca. 400 Brunnen, aus denen Grundwasser gepumpt wird, das etwa 20% des Verbrauchs der Insel deckt. Besonders im Orotavatal , in dem sich trichterartig der Grundwasserstrom sammelt, gibt es zahlreiche Brunnen, deren Wasser auch Puerto de la Cruz versorgt. Wegen der dichten landwirtschaftlichen Nutzung verschmutzt aber ins Grundwasser versickernder Dünger die Wasserqualität. Die Nitratmengen übersteigt dabei die Norm von 50 mg/Liter; es ist also nicht als Trinkwasser geeignet. Andererseits kaufen sich die Tinerfeños das Trinkwasser sowieso lieber aus Quellen der Teide Gipfelregion. 


Weit und breit vernebelt das Orotavatalt

Man möchte glauben,  dass nur wenige Ansiedlungen oder Einzelgehöfte in der etwas düsterlichen Nebelzone liegen, die so wichtig für die Wasserversorgung der Insel ist.

Ausgerechnet das Dörfchen La Florida liegt in dieser Zone und etliche andere auch. Man sieht morgens aus dem Fenster, um zu sehen wie das Wetter ist: Nebel. 
Abends sieht man hinaus : immer noch Nebel. 
Gottseidank verschiebt sich die Nebelzone immer etwas mit der Großwetterlage. Aber wenn das Stück Land  und das Anwesen der Familie schon seit Urzeiten gehört, na, dann bleibt man auch hier. Gewohnheit ist alles.. 
An die kommunle Wasserversorgung sind wohl die meisten Häuser angeschlossen, aber  zur Versorgung der Felder in dieser ruralen Zone verwendet man ungern das teure Leitungswasser. Mit der Luftfeuchte und dem Tau können die Pflanzen, Kartoffeln z.B., wenig anfangen, wenngleich der Wasserbedarf dadurch deutlich geringer ist. Deshalb werden häufig Nebelmelkstationen aufgestellt. In den feinen Netzen kondensiert der Nebel. Das Wasser versickert aber nicht im Boden, sondern wird  in einer Rinne gesammelt und in einem Tank gespeichert. Und es ist vorzügliches, quasi destilliertes Wasser. Das System wird übrigens auch in den südamerikanischen Anden angewandt.