Essen und Trinken

Die Zahl der Weinsorten auf der Insel ist recht übersichtlich. Wenn man bei den Rotweinsorten mal von wagemutigen Winzern absieht, die schon mal in Festlandspanien waren und dort den Tempranillo von Rioja oder Ribeira del Duero gekostet haben, gibt es eigentlich nur 2 Sorten: Listan negro und Negramoll. Na ja, Listan blanco als weiße Traube in kühleren Lagen gibt´s auch noch. Basta. 


Aber zurück zu den Alltagseinkäufen wie Brot und Butter, Käse Wurst und Fleisch.

In den lokalen Bäckereien wie dem "Horno de Pan" gibt es Weißbrotbackwaren vom Baguette bis zur Semmel, respektive  Brötchen, sowie verschiedene, verquetscht aussehende süße Teilchen mit Pudding oder "Fruchtzubereitung".
Abwechslung gibt es bei einigen wenigen deutschen Bäckern, die auch das von der Deutschen Gemeinde ganz dringend benötigte Graubrot, Mischbrot, Roggenbrot und Pumpernickel backen und natürlich den Weihnachtsstollen.  Trotzdem werden sie nicht reich, auch wenn sie Nußhörnchen, Rosinenschnecken, Blätterteigbrezel wie in der Heimat backen.

Wiederum war es die Ankunft von Lidl, die auch das Backwarenangebot mächtig, ich würde sagen : wunschlos, erweitert hat. Alles da!  Und garantiert frisch gebacken. 
Unklar ist nur wie er´s macht. Ob "Teiglinge" per Kühlkontainer aus Polen angeliefert werden, wie in Deutschland, halt nur 3000km weiter?? 
Butter auch kein Problem, kommt nicht nur aus Asturien sondern auch aus Irland oder diversen deutschen Molkereien. 
Auf der Insel gibt es kaum noch Viehwirtschaft.   Auch die Milch wird als H-Milch oder - oh Wunder - frisch von der Peninsula importiert. Vor gut 20 Jahren wurde hier die Milch noch aus Milchpulver gebastelt. 
Allenfalls Käse wird lokal produziert: 
3 Sorten gibt´s: Frisch, halbreif und hart-gereift und diese 3 multipliziert mit Schaf, Ziege und Kuh, sowie einer bunten Mischung von allen dreien, also mal 4.
Dazu eine kleine Geschichte: 
Auf unseren Wanderungen sind wir auch im Tenogebirge zu einer großen Ziegenfarm gekommen, haben rumgeschaut und dann die Käserei besichtigt. 
Alles tiptop wie von der EU vorgeschrieben. 
Aus dem Glaskühlschrank haben wir, um nicht schundig zu erscheinen, gleich einen ganzen Laib Ziegenfrischkäse gekauft. 
Großartig, direkt vom Hersteller, ganz frisch. 
Umso entäuschter waren wir dann, als der mit Vorschußlorbeeren bedachte Ziegenkäse unauffällig, wie fester Quark geschmeckt hat. 
Und so verhält es sich auch mit den anderen 3x4 Käsesorten. Unabhängig von der Herkunft. 

 Das mag eine bösartige Unterstellung sein. Aber wäre das beeindruckend gedruckte Käseetikett nicht mit seinem Placeboeffekt, würde man die Unterschiede nicht merken. 

 Die Franzosen würden zur Aromatisierung erstmal einen Ziegenbock durch die Milch treiben. 
Man gibt sich auf den Kanaren schon Mühe, aber trotz Kooperations- und Weiterbildungs - angeboten will man von den Franzosen nichts lernen. 
Wieso? 
Verkauft sich doch auch so und wir sind´s halt gewohnt. 
Ein paar "fremdländische" Käse bekommt man trotzdem.

Wir nehmen aus dem lokalen Angebot gern einen geräucherten Käse von Fuerteventura. 

Übrigens: geräucherter halbfester Käse (queso semicurado) schmeckt gebraten hervorragend. 
Na also, ist doch nicht ganz so schlimm.

Hinsichtlich des Fleischangebots ist man auf den Kanaren quasi im Paradies. 
Die Leute hier sind aber auch "Fleischfresser" , der Grill steht parat und Gemüse kann, aber braucht nicht. 
Wir haben zwar auf Teneriffa einen "Matadero" einen Schlachthof, wo klapprige Rinder - soweit wir das auf den Klein-LKWs beobachten konnten - angeliefert werden. 
Für Hamburger vielleicht ?
Das meiste Fleisch kommt aber aus dem Norden der Peninsula, dem Baskenland zum Beispiel, mit viel Weidefläche, aber viel auch aus Holland und die besten Stücke aus Südamerika, frisch, bzw. auf den Kühlschiffen gut abgehangen. 

Das beste Schweinfleisch kommt dagegen von den flinken Schwarzfußschweinen aus Südspanien. Besonders berühmt sind ihre dann  roh gereiften Serrano Schinken aus der Vorder (Paleta)-oder teureren Hinterkeule (Jamon). An den schwarzen Klauen erkennt man die Preislage. Sind teuer , bis 20 EURO für 100g. Aufgeschnittener Schinken, nicht Klauen.
Die "komponierten" Kochschinken liegen in großen Exemplaren - fast wie die Mortadella in Italien -  in den Kühlauslagen der Supermärkte . Es gibt sie in verschiedener Machart, geräuchert, gegrillt oder natur gepökelt. Sie werden frisch aufgeschnitten und sind erstaunlich günstig: etwa 2 EURO/100g und dabei ganz ausgezeichnet. 5 Sterne.
Hände weg von der eingeschweißten Ware, geht zwar, aber nicht dringend.
 
In die aus Schweine- und Rindfleisch fabrizierten Wurstwaren kommt garantiert kein Schwarzfußschwein rein. Sie sind  äußerst gewöhnungsbedürftig :  geschmacklich wie optisch  mit (hmmm) zu viel himbeerrote Farbe. 
Lediglich die vielleicht etwas  zu stark  "paprizierten" Chorizos sind eine Freude. Aber auch hier kann sich der Metzger nicht im Zaum halten und mischt, wenn er schon da das Wasser nicht schnittfest machen kann, reichlich Kniescheiben in die Wurstmasse - und dies unabhängig von Preis und angeblicher Qualität. 
Trotzdem sehr gut. Findet sich übrigens inzwischen auch in Deutschland bei der EDEKA. 
Jetzt zurück zur Gastronomie.

Was in den Guachinchen, den Besenwirtschaften, den Kneipen, ausgeschenkt wird, ist immer eine dieser eingangs schon erwähnten Rebsorten. Aus einem 12 Liter Glasballon wird der leicht ins bläuliche schimmernde, rote Wein per Schlauch abgezogen. 

Die Beeren der beiden indigenen Rotweinsorten, die sonst nirgends kultiviert werden, sind relativ groß und wasserhaltig und die Hektarerträge lassen das Auge des Weinbauern leuchten ( und das des Weinkenners tränen). 

 

Wenn wir, was selten vorkommt, von Freunden in eine Guachinche zum Essen geschleppt werden, dann gibt es meist sicherheitshalber ein flach geklopftes, halbes Hühnchen vom Grill mit weichen papas fritas = Pommes oder eins der verschiedenen Steaks, die am offenen Grillfeuer zubereitet werden, mit papas arrugadas, den Runzelkartoffeln. 

 

Apropos sicherheitshalber: Wir hatten mal in einer „Spezialitäten-Guachinche“ Wachteln bestellt, die lokal dort gezüchtet werden, also frisch aus der Region ohne CO2 footprint, also total Öko. Was dann serviert wurde waren durchfritierte, dunkelbraune „Spatzenmumien“. Aber der Salat war einwandfrei. 

 

Zum Essen trinkt man selbstverständlich den lokalen Wein. Klar, Herr Ober, die Weinkarte bitte, würde die ganze Runde erheitern. Da der Ober den Witz nicht versteht, lässt man das gleich.
 
Zum Essen schmeckt der Listan durchaus passabel. Ihn nach Deutschland mitzunehmen würde ich aber nicht empfehlen. Es ist wie mit der Sangria: beim Strandfest grandios. Zuhause ist man nicht mehr sicher, ob das was auf dem Etikett steht auch wirklich in der 2-Literflasche ist. 

Einen Listan negro erkennt man auf Anhieb am Aroma, oder besser gesagt, am Geruch, der einem Bordeaux oder Chianti Liebhaber als Warnung dient. Es fehlen halt die fein-aromatischen, duftigen Aromen, ehe man den ersten Schluck genommen hat. 

 

Bei den hiesigen Weissweinen ist der Listan blanco dominierend, eine frische, unproblematische Sorte, deren Aroma und Geschmack man nicht mit gebratenem Huhn modifizieren muss. Man kann ihn auch zum Fernsehen trinken. 

Bei den beiden anderen Sorten, Malvasia und Moscatel, die es auch noch gibt, sollte man eher warten, bis das Dessert aufgetragen ist. Dann sind sie super. Zum Verschnitt mit Rotwein sind sie wegen ihres höheren Alkoholgehalts früher oft eingesetzt worden, wenn die „Wasserbomben“ vom Listan nicht genügend Oechsle, also Zucker, hatten.

Schinkenparade der Schwarzfüßer

Jamon serrano abgepackt

Zicklein, gehackt

Natürlich beschränkt sich die kanarische Küche nicht nur auf flachgeklopftes Hühnchen. 

Das stellt nur den „de fault“ Status dar, vergleichbar mit dem Schweinebraten der bayerischen Küche. 

Davor gibt es gern gebratene Scheiben von halb-festem, geräucherten Käse oder einen Teller mit Kichererbseneintopf mit Schweinerippe. 

 

Die Edelvariante, die aber in Guachinchen nicht angeboten wird, wäre das in „gehobenen Kreisen“ übliche Tellerchen Jamon serrano pata negra : feine Scheiben vom dunkel/schwarzroten, luftgetrockneten Schweinehinterschinken. Pata negra genannt. Weil er vom schwarzen und zudem schwarzfüßigen, iberischen Schwein stammt, das in der Extremadura frei im Haciendagelände herumrudeln kann und hauptsächlich die von den Bäumen fallenden Eicheln frisst. 
Da ist im Lokal Vorsicht geboten. Das kann ins Geld gehen und gleich 15 bis 20 Euro kosten. 

Anmerkung : Im Supermarkt kostet ein Kilo des hauptsächlich zu Weihnachten gekauften und verschenkten Schinkens etwa 100 Euro incl. des Knochens. 

Die Schweineschinken wiegen um die 5 – 6 Kilo. 

Billigere gibt´s aber auch und Vorderschinken sind sowieso günstiger. 

Nicht zu verwechseln mit Papa negra, den kleinen, pockennarbigen Kartoffeln, von denen das Kilo gute Ware auch schon 6 Euro kosten kann.

Zu den Standardgerichten danach zählt das Kaninchen in würziger Salmorejosauce oder auch Zicklein mit Pommes oder den klassischen Runzelkartoffeln – kleine Kartoffeln, die so lange in Salzwasser gekocht werden, bis die Schale ganz runzelig geworden ist. 

Zicklein zu bestellen, so gut es auch schmecken mag, ist immer mit etwas Detektivarbeit verbunden. Jedes Stück Fleisch muss gut geprüft werden, da der Küchenchef Fleisch und Kochen mit dem Hackebeil kleinhackt – ohne System, nur eben klein und deshalb überall Knochensplitter drin stecken können. 

Bei Kaninchen ist weniger Aufmerksamkeit nötig, da Schenkel und Rücken meist ganz bleiben und keinen Trümmerbruch erleiden.

Dann gibt es natürlich Steaks in allen Größen – ein Paradies für Karnivoren. 

Halleluja ! Und auch noch vom lodernden Grill. Ja, das können sie.

Die andere Sektion von Hauptspeisen umfasst eine unglaubliche Vielfalt von Fischen, die lokal gefangen werden und die aufzuzählen den Rahmen hier sprengen würde. Erwähnenswert sind aber die Zuchtfische - der Wolfsbarsch und die Dorade -aus den Containern im Meer vor der Küste. Ökologisch einwandfrei. 

In München wären sie unbezahlbar. 

 

Was auch noch typisch, sehr lecker aber auch teurer ist, sind die 1-2 kg schweren Octopusse, die die Fischer vor der Küste Senegals in, bzw. mit Tonkrügen fangen, in denen sich die Kraken verstecken. Meist werden sie gekocht serviert mit den „üblichen verdächtigen Soßen“, mojo verde oder mojo rojo.

Ob dieser Vielfalt von fangfrischen Fischen auf den mit Eis zugeschütteten Theken in den Supermärkten, frägt man sich, weshalb die Kanarios trotzdem noch so vom Stockfisch, dem völlig geschmackfreien, getrockneten Salzfisch aus Island oder Norwegen schwärmen und glänzende Augen kriegen. 

Aber das dürfte wohl eine althergebrachte Tradition sein, als es hier noch keine Kühlschränke gab und die Fischerei auch noch nicht industrialisiert war. 

Diese Vorliebe hat sich wohl ins Genom eingeschlichen.

 

Nachtisch gibt es keinen, zumindest keinen der erwähnenswert wäre und nicht flugs aus der Langnese-Kiste geholt wird.

Ein kleiner Kaffee, ein cortado, geht aber dann immer noch.


Gelegentlich werden wir gefragt, wo man denn trotzdem „zum Essen“ gehen kann, wenn´s grad nicht die Kneipe/Restaurant um´s Eck sein soll. 

Da fallen uns eigentlich nur zwei Lokalitäten ein. 
Da wäre das „El Monasterio“, eine beeindruckende Klosteranlage in klassischer, spanischer Architektur und einer Fassade mit Doppel-Glockentürmen. Wohl das schönste Gebäude vielleicht in Ganz- Teneriffa. 
Man kann durch die Gasträume durchspazieren und den Weg hoch bis zum Gipfel des Hangs, wovon man eine schöne Rundum Aussicht über Puerto und den Atlantik hat. Zwischendurch laufen einem Hühner über den Weg. 
Die Gastronomie ist wie auch der Parkplatz eher für Busladungen von Besuchern ausgelegt. Die Flexibilität erlaubt es einem auch nur einen Kaffee zu nehmen, zu dem ordentliche deutsche Torten serviert werden. 
Die Anlage gehört einer deutschen Familie, die auch an der Promenade in Puerto de la Cruz ein Restaurant und das Café de Paris betreibt.
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Hat man allerdings mehr als nur eine architektonische Idylle im Sinn, dann kommt man an Tito´s Bodegita, der Eremita de San Nicolás nicht vorbei. 
Das Auge will ja schließlich auch was essen. 
Ebenfalls eine klassische Klosteranlage, allerdings viel kleiner und im kanarischen Stil gebaut. Auch mit Glockenturm und einem ebenen Kopfstein- Innenhof, der einen sehr anheimelnd empfängt. 
Dieses Klostergehöft liegt nahe dem Kreisverkehr zum Polygono San Jeronimo, bzw. kurz vor LIDL Orotava. 
Das Servicepersonal spricht auch deutsch und ist sehr aufmerksam und zuvorkommend. Auf der Speisenkarte finden sich neben internationalen Gerichten auch kanarische Klassiker, die wir nirgendwo besser gegessen haben und die ihren mäßigen Ruf aus den Guachinchen nicht verdient haben. 
Es ist eine Erholung in diesem Ambiente – ringsum lauter Pflanzen oft in Blüte - und bei einem Koch zu speisen, der sicher einen Michellinstern verdient hätte.
Und übrigens, die Portionen sind so groß, dass man sich auch ohne "gestirnrunzelt" zu werden, ein Gericht teilen kann/ darf/ sollte.



Moräne, Forellen, Seewolf und Seeteufel und alle zu moderaten Preisen

Fischauswahl

Papageienfisch und Napfschnecken


Im PIMIENTA,  einem berühmten Fischrestaurant in La Matanza, ist es ratsam einen Tisch zu reservierten, damit man nicht in der Horde der "Naivlinge" vor der Tür steht und warten muss, bis ein Tisch frei wird. 

Im Lokal sucht man sich den Fisch, den man haben will aus dem auf Eis liegenden Sortiment aus; er wird gewogen und nach Gewicht berechnet. Man kann hier auch sehr mutig sein und mal eine gelb-schwarze gefleckte Muräne, fritiert, probieren. Und es gibt noch mehr interessantes Meeresgetier.