Das Wetter auf Teneriffa
Ein unendliches Thema. Und wenn einem sonst nichts einfällt, spricht man halt übers Wetter. Im Gegensatz zur Politik kann man sich da nicht vertun. Es sei denn die Debatte macht eine Wendung hin zum Klimawandel. Dann könnte es natürlich politisch werden. Man vermeidet dies, weil man eh nichts weiß, vorläufig wenigstens.
Klimabereiche
Die Gegend von Puerto de Santiago bis runter zum Touristen-Hotspot nach Playa de las Americas ist ja immer schon vom Klimawandel geprägt. Viel heißer, sonniger kann´s dort im Südwesten gar nicht werden. Deshalb sammeln sich dort auch die Touristen, die eine Garantie auf aktinische Keratosen innerhalb von 14 Tagen haben wollen. Die kriegen sie auch. Zum Glück sind sie schon nach 2 Wochen spätestens wieder weg, bevor Schlimmeres passiert. Die Bräune ist natürlich schon den halben Reisepreis wert.
Benachteiligt ist dagegen die Zone ums Eck rum von Playa de la Americas bis rauf nach Santa Cruz, die eigentliche Südseite. Warum, weiß ich auch nicht. Ist halt so, dass die Investoren erst auf der Südwestseite angefangen haben. Die ganze Südseite von Teneriffa ist von wüstenartigen Landschaften geprägt. Poröser Stein und Opuntien und ein Wind, der einem einen neuen Scheitel zieht und die Baumkronen auf 90 Grad biegt.
Außer dem Südflughafen ist bis Santa Cruz auch quasi nichts los. Windiges, heißes Wetter, was tut man dort ? !
Die Nordwestseite ist deutlich kühler; die Landschaft ist gleich viel grüner als sonst wo. Diese Seite liegt ja auch im Bereich des Nordost-Passats, der frische Luft und auch Wolken bringt. Am Ende haben wir das Anaga Gebirge, eng, steil und zerklüftet, aber romantisch mit seinen tunnelartigen Laurisilva Wegen auf die das Wasser von den Zweigen tropft und gewaltige Wolkenberge sich über die Berggrate wälzen. Frisch und angenehm im Sommer.
Panza de Burro
Fetter Panza
Nebel breitet sich aus
Alles vernebelt
Und wie wird das Wetter?
Die lokalen Wetterbedingungen passen sich natürlich in die klimatischen Charakteristika ein. Wenn man im Sommer im stickig heißen Santa Cruz den Mediamarkt oder den CorteIngles heimgesucht hat und dann zurück nach La Matanza kommt, hat man das Gefühl in einen Luftkurort mit angenehmen, leicht kühlen Temperaturen zu kommen. Ein kleines Lüftchen weht auch noch.
Das ganze Jahr über ist es auf unserer Nordseite sonnig und angenehm warm. Klar, dass auch mal - so die weitere Hoffnung wenigstens – einige Regentage zur Erfrischung der Natur dabei sind.
Der Herbst zeichnet sich durch spektakuläre Sonnenuntergänge aus. Eine gute Reisezeit eigentlich, in der es auch nicht zu warm wird. Und zum Baden kann man immer noch gehen/fahren, denn das Meerwasser hat inzwischen die Sommerwärme absorbiert. Allzu mollig wird das Wasser mit höchstens 20 Grad nicht. Dafür ist es umso sauberer, weil es durch Strömungen ausgetauscht wird.
Schaut man an einem sonnigen Tag Richtung Puerto de la Cruz hinunter, dann sieht man oft ein weißes Wolkenband über dem Orotavatal schweben.
Dann drückt der Passatwind feuchte Luft in diese Talsenke und beim Aufstieg kondensiert die Feuchtigkeit und bildet eine Nebelschicht, den Panza de Burro (Eselsbauch weil weiß), der sich bis in die Kiefernwälder schiebt, bis er an den Teideabhang stößt.
Manchmal gibt es keinen Panza de Burro. Dann ist die Sicht allerdings deutlich diesiger und die Feuchtigkeit kondensiert nicht, weil es auch in der Höhe entgegen der normalen Temperaturschichtung, zu warm ist. Nicht empfehlenswert für einen Besuch der Caldera und des Teides.
Der Kiefernwald im Nebel ist quasi unser Wasserwerk. An den Nadeln kondensiert der Nebel und Wasser tropft auf den Boden und sickert in die Galerieschichten.
Klingt idyllisch.
Aber in dieser Nebelzone im Orotavatal bis 1000 m Höhe gibt es auch Ortschaften, die dann tagelang im „Londoner“ Nebel stecken. Das muss man aber gewohnt sein. Die Leute sind´s auch, gewohnt seit Generationen. Diese Nebelschichten, in denen es im Winter ganz schön kalt ist, können nicht nur dünne Streifen, sondern auch ganz ordentliche Nebelbänke sein.
Ohne Heizung geht da gar nichts.
Auch das an der Küste liegende Puerto de la Cruz, das ja am Eingang dieses Talkessels, na, eher eine Senke, liegt, bekommt von der Feuchtigkeit was ab. Der Himmel oft wolkig und die Luft dann schwül.
Irgendwie eine unbehagliche Wettersituation, die auch Kopfschmerzen, evtl. nur psychisch bedingt, verursacht. Trotz dieser Mäkeleien ist das Klima dort, wenn man die Wetterphänomene zusammenfasst, deutlich angenehmer als im Brutofen Santa Cruz.
Schaut man von Puerto die Nordküste hinauf, dann sieht man einen, vor allem gegen Abend, grell von der Sonne beleuchteten Fleck – La Matanza und Umgebung.
Hier muss wohl Maria Muttergottes gen Himmel gefahren sein, weil hier sich immer noch ein Loch im Himmel befindet, durch das die Sonne auch bei trüberem Wetter scheint. Nicht von ungefähr heißt ein Ortsteil an der Steilküste auch Puntillio del Sol, das Sonnenpünktchen.
Die relativ unfreundlichste Jahreszeit ist um den Februar herum. Da ist endgültig von der gespeicherten Sommerwärme nichts mehr übrig und das Frühjahr muss neu Anlauf nehmen. Tags zwar schon noch 20 Grad, aber nachts kann der Kakaobaum nicht mehr draußen stehen bleiben. Bei 8 Grad wird’s ungemütlich und der Kamin muss angeheizt werden.
In den höheren Lagen herrschen natürlich rabiatere Bedingungen. Die Straße auf dem Höhenrücken der Insel, der Cumbre, wird praktisch jedes Jahr ein paarmal wegen Schneefalls gesperrt und der Schneepflug fährt rum. Der Teide setzt aber schon sehr früh im Jahr eine weiße Mütze auf.
Sturm und Regen
Es regnet
Bäume abgebrochen
Ex-Bananenhain
Zypressen umgelegt
Ex -Foliengewächshaus
Kaffeestrauch entblättert
Saharastaub
Calima
Ein charakteristisches Wetterphänomen, das zwar auf der ganzen Insel, aber dennoch regional unterschiedlich ausgeprägt auftritt, ist der Calima.
Der Wind lässt etwas nach, die Luft wird diesig und es wird wärmer – unangenehm wegen der fehlenden Windbewegung. Die Temperatur steigt in kurzer Zeit auf über 30 Grad und gleichzeitig fällt die Luftfeuchtigkeit auf unter 30 % rel. Feuchte.
Das ist das Alarmzeichen.
Die ganze Luft wird gelblicher und auch das Himmelsblau ist weg.
Jetzt ist er da, der Calima.
Ein heißer Westwind aus der Sahara, der direkt über die Kanarischen Inseln weht, oder zunächst noch „streicht“. Und er trägt unglaubliche Mengen an feinem Staub mit sich, der auch auf Satellitenbildern als breites, gelbes Band zu sehen ist.
Manchmal trödelt der Calima nur, aber manchmal tritt er auch als heißer Sturm auf, der die Vegetation zu verbrennen droht, Bäume umstürzt und überall einen Teil seines Staubs ablädt. Die Hauptmenge zieht aber weiter über den Atlantik und wird dann über dem Amazonas von den Regenfällen ausgewaschen und – so heißt es – düngt dort den tropischen Regenwald.
Auf Teneriffa verursacht er hingegen eine große Schweinerei. Auch in kleinste Ritzen dringt er vor und er ist so diskret, dass man ihn erst beim Abwischen von Stuhl und Tisch als Schmutzband erkennt. Natürlich führt die feinstaubige und sehr trockene Luft auch zu Augen- und Atembeschwerden.
Fällt dann auch noch nachts etwas Sprinkelregen, wird der in der Luft schwebende Staub präzipitiert, irgendwie von den Tropfen ausgewaschen und schlägt sich als Dreckfleck auf allen Flächen, Autos, Fensterscheiben, Bananenblättern etc, nieder. Diese Flecken bläst der Wind aber nicht mehr weg und auch der Wasserschlauch nützt nichts: der Feinststaub haftet wie angeklebt.
Gefährlich wird es, wenn gleichzeitig irgendwo offenes Feuer existiert. Grillen traut sich dann sowieso keiner mehr.
Am 23. Februar 2020 hat aber tatsächlich ein Trottel oberhalb von Santa Ursula versucht, in einer Öltonne Abfall zu verbrennen. Der Calimasturm wirft die Tonne um, und die Feuerfetzen fliegen in die Schlucht von St. Ursula (s.o.) und setzen alles in Brand. Das Feuer rast talwärts über die Autobahn bis an die Steilküste, wo kurz davor auch noch das Hotel LaQuinta evakuiert werden musste.
Etliche Verletzte, 5 Häuser abgebrannt, die Stromversorgung unterbrochen, eine einzige Spur der Verwüstung (s.o.).
Die gemessenen Windgeschwindigkeiten lagen um 160 km/h.
Kakteen wachsen aber schon wieder. Die Palmen schauen aber immer noch sehr desolat drein.
Im Foto oben rechts ist eine zerbrochene Hafenmole in Puerto de la Cruz zu sehen.
Gelegentlich gibt es auch ordentliche Westwinde, in denen sich die Atlantikwellen zu spektakulären Höhen aufbauen und dann auch monströse Uferbefestigungen zerstören. Durch den legendären Deltasturm 2007 war
die Stromversorgung der ganzen Insel für eine Woche unterbrochen.
Kerzenlicht am Abend ist ja romantisch, aber alles andere war katastrophal. So schlimm, dass ich es nicht beschreiben will. Es bleibt der Fantasie des Lesers überlassen.
Abgesehen von diesen Unbillen, die in allen Klimazonen auftreten können, muss man die Kanaren als gesegnete Inseln bezeichnen. Das gilt für das Wetter, aber auch für die Umwelt und das Leben.
Der Herbst ist gekommen
Herbststimmung