Ficus carica
Zu den Säulen der mediterranen Kulturpflanzen zählt auch die Feige, und zwar schon seit Jahrtausenden so wie der Granatapfel oder die Olive. Bei Ausgrabungen von etwa 11000 Jahre alten Siedlungen im Jordantal hat man Feigen gefunden, die darauf hindeuteten, dass Feigenbäume damals bereits über Stecklinge vermehrt und kultiviert wurden; sie waren also schon damals ein Kulturgut.
Unter den etwa 1000 verschiedenen Feigenarten ist unsere Essfeige die einzige, die wohlschmeckende, essbare, blaue, hellgrüne oder rötliche Früchte hervorbringt. Natürlich haben auch andere Feigenarten Früchte, aber die werden nur von Papageien oder Affen gefressen. Kein Vergleich mit unseren weichen, saftigen und bis an die Grenze des Ungesunden, zuckerhaltigen Früchten.
Klar, Feige ist nicht gleich Feige.
Man kann sie in drei Gruppen einteilen, die sich eigentlich - wenn man mal von der großen Variabilität innerhalb der Gruppen absieht - nur durch ihre Fortpflanzung, also ihre Vermehrung unterscheiden.
Den Adria-Typ mit seinen ca. 500 Kultivaren hat man wohl schon im Jordantal entdeckt. Er ist heute der häufigste Feigentyp, der völlig unproblematisch Früchte trägt. Seine Blüten, die in dem Kelch der Feigenfrucht als saftige Elemente eingeschlossen sind, müssen nicht bestäubt werden, vergleichbar mit den Bananen, wo auch keine Bestäubung erforderlich ist. Diese Feigen entwickeln ebenfalls keine Samen und können nur per Steckling vermehrt werden .
Die blauen Feigen sind natürlich optisch viel attraktiver und anscheinend sind sie im Geschmack auch etwas fruchtiger. Kann aber sein, dass das Auge die Psychologie des Geschmacks beeinflusst.
Die Gruppe der Smyrnafeigen kann jeden Biologiestudenten zur Verzweiflung treiben.
Ihre Fortpflanzungsstrategie verläuft über 3 Stufen von Februar bis in den September. Dabei muss noch eine “nicht-essbare Feige“, die Bocksfeige vor Ort sein. Ohne die geht es nicht. Denn aus den Früchten dieser Feige übertragen winzige Gallwespen, die so groß wie Fruchtfliegen sind, die Pollen auf die Blüten der Smyrnafeigen.
Aber wie?
Sie krabbeln durch das Loch, das jede Feige an ihrem stumpfen Ende hat, in diese hinein, denn dort befindet sich ja der “Wald“ der weiblichen Feigenblüten. Dadurch bilden die Smyrnafeigen auch kleine Samen, die beim Essen in den Zähnen knirschen.
Das war jetzt die absolute Kurzfassung ihrer Fortpflanzungsbiologie.
Die Smyrnafeigen eignen sich besonders zum Trocknen, wobei sie sich mit einem deutlichen Zuckerbelag überziehen. Dadurch sind sie auch sehr haltbar. Man kennt sie als unvermeidlichen Bestandteil des weihnachtlichen Früchtetellers.
Die neuen Siedler in Amerika hatten neben Zuckerrohr und Bananen auch Smyrnafeigen aus der Türkei im Gepäck und wunderten sich, weshalb diese keine Früchte entwickelten. Die Bocksfeige fehlte halt und mit ihr die Gallwespen. Um 1880 versuchte man in Kalifornien, obwohl man dort schon die fruchttragenden Adria-Feigen hatte, auch die zuckerigeren Smyrnafeigen zu kultivieren.
Ging natürlich nicht.
Erst 1898 kam man dem System auf die Schliche. Bocksfeigen wurden importiert und zur Sicherheit gleich auch die zugehörigen Gallwespen.
Durch das feine Loch am stumpfen Ende krabbelt die Gallwesepe in die Feige
Und die dritte Gruppe? Dazu zählen die San Pedro Feigen. Sie kürzen den dreistufigen Entwicklungsprozess der Früchte ab auf nur 2 Stufen.
Aber das wollen wir nun doch nicht mehr wissen.
Auf unserer Finca haben wir sowohl Feigenbäume, die blaue, längliche Früchte tragen, als auch solche mit hellgrünen Feigen. Erstaunlich ist die Wüchsigkeit der Bäume. Zwei stehen nahe an einer Mauer zum Nachbarn, der sich über die abgeworfenen Früchte, die seinen Hof „verschmutzen“, beschwert hat. Seither werden die beiden stark zurückgeschnitten, was sie aber nur zu verstärktem Wachstum anregt.
Achtung!
Beim Ernten der Früchte, bzw. beim Rückschnitt, ist es wichtig, ein langärmliches Hemd und Handschuhe zu tragen. Zum einen haben die Feigenblätter scharfe, feingezähnte Blattränder, welche die Haut anritzen.Das führt, wenn man nicht sehr robust ist, zu Entzündungsreaktionen oder gleich zu allergischen Ausschlägen. Zum andern enthält die Feige auch einen weißen Milchsaft, der auf der Haut wegen seines Psoralengehalts im Licht zu phototoxischen, entzündlichen Reaktionen führt.