Gestorias

Die Hazienda, also das Finanzamt, macht es sich mit der Steuereintreibung sehr einfach. Die Steuern sind mit einer sogenannten „Bringschuld“ verknüpft, das heißt, der Schuldner muss sich selber drum kümmern, die Steuersumme zu ermitteln und selber, unaufgefordert zu bezahlen. Wenn er in Verzug gerät ist eine multa fällig, eine Strafgebühr. 

Während es früher durchaus sein konnte, dass jemand seine Steuern über 5 Jahre nicht bezahlt hat, ist es heute mit der zunehmenden Digitalisierung deutlich schwieriger, in Verzug zu kommen.

Wenn jemand hier auf Teneriffa eine Immobilie besitzt und nicht als Resident angemeldet ist, dann muss er für sein Haus und Hof eine sogenannte Patrimonia Steuer, quasi eine Zweitwohnsitzsteuer bezahlen. 

Nach ein paar Jahren kam es uns verdächtig vor, dass wir nicht zur Steuerzahlung aufgefordert worden waren. Und um es nicht zu übertreiben suchten wir deshalb eine prominente, deutsch-sprachige Gestoria in Puerto de la Cruz auf und schilderten unser Anliegen, endlich „klar Schiff“ machen zu wollen. 

Die Dame sah sich unsere Escritura, den Kaufvertrag also, an und fing an rumzurechnen. Schließlich hatte sie eine Summe von 1270 EURO ermittelt, die wir dem Staat schulden würden. Und ob wir das Geld auch dabei hätten, war die nächste Frage. 

Wieso? 

Weil ich dann meiner Angestellten das Geld geben kann und sie geht zur Bank und zahlt das ein. Uns wurde etwas schwindelig ob dieses Ansinnens und meinten dann, wir würden das Geld holen und dann würden wir schon sehen. 

Haben wir natürlich nicht gemacht, sondern eine Zweitmeinung bei einer spanischen Gestoria eingeholt. Wir hätten Glück gehabt, war dort die Aussage, weil sich bis dato das Finanzamt selber nicht im Klaren war, wer und wieviel Steuern zu bezahlen hätte. 

Aber ab diesem Jahr wäre alles klar: Das Formblatt 102 müsse ausgefüllt werden und mit einer Kopie des Grundsteuerbescheids beim Finanzamt und dem Bezahlbeleg der selbst ermittelten Steuer eingereicht werden. 

Rückwirkend würde nichts erhoben. Halleluja.

Und unsere fällige Steuer betrüge 273 Euro. Na, da haben wir nochmal Glück gehabt. Weil sich Steuersätze immer wieder ändern, lässt sich auch kein Dauerauftrag erteilen und ohne Formblatt 102 geht kein variabler Abbuchungsauftrag. 

Nachträglich die Steuern zu erhöhen geht mittlerweile trotzdem und digital sehr einfach.

Man bekommt einen eingeschriebenen Brief, dass man für die vergangenen 5 Jahre, Jahr für Jahr unterschiedliche Beträge natürlich, nachzuzahlen hätte, weil rückwirkend neue Berechnungsarten zugrunde gelegt wurden. 

Jedes Jahr im Januar bekommt die „Gestoria unseres Vertrauens“ von uns den letzten Grundsteuerbescheid und wir bekommen nach Bezahlung der Steuer das bestempelte Formular zurück. 

KFZ-Steuer, wie auch dito Versicherung, Wasser, Strom, Müllabfuhr, Telefon etc. werden aber inzwischen einfach abgebucht.

Weil man die ganzen tagtäglichen Fincarbeiten nicht selber erledigen kann und auch irgendwann nicht die Kraft dazu hat, wollten wir nach einer kurzen Probezeit – ob wir auch persönlich miteinander zurechtkommen und ob er auch weiß mit einer Schaufel oder Motorsäge umzugehen – einen Nachbarn offiziell einstellen. Mit Sozialversicherung etc. Fällt ihm ein Ast auf den Kopf gibt´s nur Ärger in allen Richtungen. Offiziell einstellen geht nur mit einer lizensierten Gestoria. Also hin zu einer anderen deutschsprachigen und weiterempfohlenen Gestoria. 
 

Beim ersten Treffen wurden die Papiere, Personalausweis und das lebensnotwendige NIE Dokument im Original – nix Kopie oder nur die Nummer - kopiert. Das NIE Dokument ? Es enthält die Identifikationsnummer für Ausländer und wird praktisch in allen Lebenslagen verlangt. Sie wollen einen Kühlschrank kaufen ? Klar, aber wie ist Ihre NIE Nummer, die muss auf die Rechnung. 
Warum ? Weil das eben so ist. Nicht fragen, machen, bzw. antworten. 

Im Telefonverzeichnis des Smartphones kann man sie speichern und hat sie nach Tipperei parat.

Gut, damit war die erste Stufe erledigt mit Abfrage auch wie lang die Beschäftigung dauern soll und welche Arbeiten zu tun wären. Bei manchen auch trivialen Tätigkeiten würden zusätzliche Kurse verlangt, der Arbeitsplatz müsste besonders ausgestattet sein und Warnhinweise aufgestellt werden, mit einer roten Fahne wedeln und was sonst den Bürokraten einfällt.  Wir wollten aber nur die einfachste Stufe eines Haus-Hofmeisters bestellen. Terrasse fegen und Blumen gießen, so die Kategorie.

Gut, dann werden wir einen Antrag bei der Seguridad social stellen.

Ursprünglich hieß es, so eine Einstellung geht in ein paar Tagen.

Jetzt waren es schon 14 Tage bis wir von der Seguridad social eine Nummer zugeteilt bekamen und diese der Gestoria per Whatsapp mitteilen mussten. 

Gut, daraufhin wurden wir wieder vorgeladen und mussten zwei (?) Formulare zur Beantragung eines Kontos bei der Seguridad social ausfüllen. Eine Nummer hatten wir schon. Haben wir also gemacht.  

Dann kam per SMS in der Tat ein Bescheid, dass ein Konto eröffnet worden war und die Gestoria berechtigt werden muss, dieses Konto zu aktualisieren und verifizieren.  Wir haben also den Schrieb zur Gestoria geschickt. 

Zurück kam ein Formblatt, wo Alex als Arbeitgeber unterschreiben musste und eine zweite Unterschrift gefordert wurde, von der wir annahmen, dass dies der anzustellende Arbeiter machen müsste. Der Name unter der gepunkteten Linie war aber ein anderer. 

Rückfrage: ob da eine Verwechslung stattgefunden hätte. Nein, wieso ? Hier unterscheibt der bevollmächtigte Angestellte der Gestoria. Also halb-unterschriebenes Formular zurückgeschickt. 

Gut, Sie bekommen jetzt auf Ihr movil von der Seguridad eine Kontrollnummer, die sie uns mitteilen müssen. 

Gut, SMS bekommen und der Gestoria ins Telefon diktiert. 

Gut, dann kam der Arbeitsvertrag per Whatsapp.  "Bitte unterschreiben Sie die 5 Seiten und bringen Sie sie zu uns ins Büro".

Gut, abgeliefert. Scheint jetzt alles erledigt zu sein – nach 6 Wochen. Aber schaun wir mal.